Ausbildung, Ideen und Praxis. Das Völkerrecht im langen 18. Jahrhundert

Ausbildung, Ideen und Praxis. Das Völkerrecht im langen 18. Jahrhundert

Organizer
Raphael Cahen (VUB-FWO/Orléans-POLEN) / Frederik Dhondt (VUB/Anvers/Gand-FWO) / Elisabetta Fiocchi Malaspina / colloque "jeunes chercheurs" CIERA / Fondation Biermans-Lapôtre
Venue
Maison de la Recherche/Cité Internationale Universitaire de Paris
Location
Paris
Country
France
From - Until
18.05.2017 - 19.05.2017
Deadline
20.02.2017
By
CAHEN, Raphaël

Das Ziel dieser Konferenz besteht darin, den Ursprung und die verschiedenen Konzepte des Völkerrechts (droit des gens) in der juristischen Sprache der Diplomaten während des langen 18. Jahrhunderts zu untersuchen. Dabei geht es um die spezifische Verwendung des Völkerrechts als diplomatisches Werkzeug und die sozialen und kulturellen Aspekte dieser praktischen Diplomatie. (N. Drocourt & E. Schnakenbourg (hg.), Thémis en diplomatie, PU Rennes, 2016).

Die Beziehungen zwischen Diplomatie und Völkerrecht sind ambivalent. Das Völkerrecht ist ein Produkt philosophischer Konzepte und diplomatischer Praxis. Den Juristen fällt es schwer, einer akademischen oder genealogischen Geschichte des Völkerrechts auszuweichen, weshalb in der Historiografie häufig Vattel zitiert wird (P. Haggenmacher & V. Chetail, Vattel’s International Law from a XXIst Century Perspective, Brill, 2011). Dennoch ist Diplomatie viel mehr als nur eine Argumentation auf der Grundlage juristischer Prinzipien. Eine tiefere Analyse der praktischen Diplomatie wird implizite Regeln in der Diplomatie als Champs social zeigen (P. Bourdieu, Sur l’Etat, Seuil, 2012). Die juristische Argumentation entstammt diesem Mikrokosmos und soll auch im Rahmen einer transnationalen Soziabilität untersucht werden, welche über die nationale juristische Tradition hinausgeht (L. Bély, L’art de la paix en Europe: naissance de la diplomatie moderne, XVIe-XVIIIe siècle, PUF, 2007). Dabei können geopolitische Fakten oder Staatsinteressen den Gebrauch juristischer Argumentationsformen modifizieren.

Die zentrale Frage lautet, inwiefern völkerrechtliche Theorien die diplomatische Praxis beeinflusst haben und wie die praktische Diplomatie ihrerseits die Konzepte des Völkerrechts modifiziert hat. Die Nachwuchs-Konferenz versteht sich als Forum für einen Dialog zwischen Rechtshistorikern, Ideengeschichtlern und Politik-Historikern aus Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern. Wir werden die völkerrechtlichen Theorien hinsichtlich der Praxis wie auch in der Doktrin aus dreierlei Perspektiven untersuchen.

1) Die Diplomatische Ausbildung
War das Völkerrecht der Kern der diplomatischen Ausbildung? Welcher praktische Lehrstoff wurde von den Außendienstverwaltungen der Staaten angeboten? Welche Beziehung gab es zwischen dem Wissen, das aus der Praxis abgeleitet wurde und der Wissenschaft? Kann man bereits im 18. Jahrhundert von Professionalisierung sprechen (L. Nuzzo & M. Vec (hg.), Constructing International Law – The Birth of a Discipline, V. Klostermann, 2012)? Lässt sich eine gemeinsame oder europäische diplomatische Kultur der verschiedenen europäischen diplomatischen Ausbildungen ausmachen?

2) Die Verbreitung der Ideen und diplomatische Netzwerke
Völkerrechtliche Verträge werden oft ohne Kontextualisierung und nicht hinsichtlich ihres akademischen oder intellektuellen Ursprungs untersucht. Was kann man über ihre praktische Bedeutung, den Gebrauch, die juristische Expertise oder sogar ihre Funktion als rhetorisches Werkzeug in der Tagespolitik sagen (G. Braun, La connaissance du Saint-Empire en France du baroque aux Lumières (1643-1756), De Gruyter, 2010)? Für wen hat Abbé de Saint-Pierre (1658-1743) geschrieben? Für den Prinzen, die Juristen, die Republik des lettres, die öffentliche Meinung? War das Völkerrecht Teil einer gemeinsamen europäischen Kultur? Wenn ja, wie wurde diese Kultur verbreitet? Findet sich solch ein Habitus im diplomatischen Handeln? Wie waren die Netzwerke organisiert? Gab es verschiedene diplomatische Mittelpunkte wie die Fürstentümer der Walachei und Moldau, die als Vermittler zwischen dem Osmanischen Reich und den Europäischen Mächten galten?

3) Der Wandel
Ist der Wiener Kongress wirklich ein Wendepunkt im Völkerrecht? Wenn ein Wandel identifiziert werden kann, gründet dieser im juristischen Diskurs oder in den politischen Ideen der Zeit? Inwiefern haben die Aufklärung und die Französische Revolution das « klassische » Völkerrecht verändert (M. Bélissa, Fraternité universelle et intérêt national, 1713-1795, Kimé, 1998)? Zeugt die diplomatische Korrespondenz der Zeit von diesen Veränderungen?

Wir laden Nachwuchswissenschaftler (bis 6 Jahre nach der Verteidigung der Doktorarbeit) ein, ihre Forschungen in deutsch-französischer und europäischer Perspektive vorzustellen. Die Vortragvorschläge (400 Worte) sollen mit einem kurzen Lebenslauf bis zum 20.02.2017 an diplomacyconference2017@gmail.com gesendet werden. Bis zum 15.03.2017 bekommen Sie eine Antwort.

Die Konferenz wird in Paris am 18. (Maison de la Recherche), und 19. Mai 2017 (Fondation Biermans-Lapôtre, Cité Internationale Universitaire de Paris) stattfinden.

Die Vorträge können entweder auf Englisch, Deutsch oder Französisch gehalten werden. Unterkunft und Fahrkosten werden unter bestimmten Bedingungen rückerstattet. Eine Peer-Review Veröffentlichung des Konferenzbandes ist geplant.

Organisatoren
Raphael Cahen (VUB-FWO/Orléans-POLEN)
Frederik Dhondt (VUB/Anvers/Gand-FWO)
Elisabetta Fiocchi Malaspina

Wissenschaftliches Komitee
Jacques Bouineau (La Rochelle)
Paul De Hert (VUB)
Dirk Heirbaut (Gand)
Christine Lebeau (Paris I Panthéon Sorbonne)
Gabriella Silvestrini (Piemonte Orientale)
Matthias Schmoeckel (Bonn)
Antonio Trampus (Venise)
Miloš Vec (Vienne)

Programm

Contact (announcement)

raphael cahen

Contextual Research in Law (CORE) Building B, room 4B308
Vrije Universiteit Brussel Pleinlaan 2

raphael.cahen@vub.ac.be

http://esilhil.blogspot.be/2017/01/call-for-papers-training-ideas-and.html