E. Hotta: Pan-Asianism and Japan's War

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Title
Pan-Asianism and Japan's War. 1931-1945


Author(s)
Hotta, Eri
Series
Palgrave Macmillan Transnational History Series
Published
Basingstoke 2007: Palgrave Macmillan
Extent
304 S.
Price
$ 79.95
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Nadin Heé, SFB 700, Freie Universität Berlin

Seit den 1990er-Jahren gewinnt die Pan-Asianismus Forschung an Bedeutung. Und gerade für die letzten Jahre ist es berechtigt, von einem regelrechten Boom zu sprechen. Auffällig allerdings ist, wie stark sich die Herangehensweisen in kürzlich erschienenen Publikationen zum Thema unterscheiden. So wurde die Bewegung des Pan-Asianismus beispielsweise als ein Vorläufer gegenwärtiger Regionalismen in Asien untersucht1 oder japanische pan-asiatische Weltordnungsvorstellungen mit den Visionen ottomanischer Pan-Islamisten verglichen.2

In Eri Hottas nuancenreichem Buch „Pan-Asianism and Japan’s War 1931-1945“ wiederum steht die Rückbindung der einzelnen Ideen und Konzepte an die Realpolitik im Vordergrund. Sie sieht Pan-Asianismus als die Triebfeder hinter der Expansionspolitik Japans vom Mandschurei Zwischenfall 1931 bis zum Ende des Pazifikkrieges 1945. Dabei versteht sie Pan-Asianismus als Faktor für den Krieg, aber auch als Ursache für deren Verlängerung. Es geht ihr darum, mit der Ideologie des Pan-Asianismus den Charakter der japanischen Kämpfe auf der materiellen und immateriellen Ebene zu erklären. Sie weist darauf hin, dass die Idee, ein Asien für Asiaten zu schaffen, nicht nur leere Rhetorik gewesen sei; sondern dass sogar während dem Krieg in den besetzten Gebieten Erziehungsprogramme lanciert worden seien, wenn auch oft mit fatalen Folgen für die dort lebende Bevölkerung. Damit spricht sie sich gegen die These von E. H. Carr aus, der in Ideologie nur ein Deckmantel für eine nationalistische Politik sieht. In Abgrenzung dazu sind für Eri Hotta zwei Fragenstellungen zentral: "Specifically, what was the role of ideology in Japan's foreign policy in the Fifteen Year's war? And more generally, what does Japan's case tell us about the role of ideology in foreign policy?". (S. 13)

Hotta fokussiert in sieben chronologisch gegliederten Kapiteln auf verschiedene Aspekte und Themen des Pan-Asianismus, um dessen jeweilige Funktionen in unterschiedlichen Phasen des Krieges aufzuzeigen. Dafür verwendet sie eine Vielzahl verschiedener Quellen: Protokolle der Regierung, militärische und diplomatische Schriften aus Japan und Großbritannien, Texte von Intellektuellen, aber auch Memoiren und Tagebücher von Pan-Asianisten sowie mehrere Zeitschriften.

Mit „Japan’s War 1931-1945“ bezieht sie sich auf die Zäsur 1931 und den Begriff des 15-jährigen Krieges, welchen insbesondere politisch links orientierte japanische Historiker in der Nachkriegszeit geprägt hatten. Denn in diesen fünfzehn Jahren, so ihre These, hätte die Rechtfertigung von Grausamkeiten und imperialistischem Vorgehen der Japaner über den Pan-Asianismus funktioniert.

Für Hotta handelt es sich bei Pan-Asianismus allerdings nicht um einen homogenen Gedanken, sondern im Wesentlichen um drei Ideenstränge: Erstens stellt dieser westlicher Dominanz und Nationalismen kulturelle Gemeinsamkeiten Asiens entgegen. Dabei ist die Idee einer dem Westen ebenbürtigen, aber andersartigen Zivilisation zentral. Der zweite Typus sieht Pan-Asianismus als Möglichkeit, Allianzen zu schließen zwischen verschiedenen asiatischen Nationen. Der dritte Strang schließlich versteht ihn als Befreiungsinstrument, mit der Kernidee, Asien durch die japanische Expansion und das japanische Imperium von der Vorherrschaft des westlichen Imperialismus zu befreien. Japan nimmt dabei die Stellung eines Führers der asiatischen Allianz ein.

Nach einem kurzen Rückblick auf die Wurzeln des Pan-Asianismus vor 1931 ist es Hotta ab dem dritten Kapitel wichtig, nicht nur die Prämissen der verschiedenen Typen aufzuzeigen, sondern im Mittelpunkt steht deren Bedeutung für verschiedene Akteure und Zeitabschnitte innerhalb des Verlaufes des Krieges. So beschreibt sie den Wechsel in der Orientierung der japanischen Außenpolitik in den 1930er-Jahren vom Internationalismus hin zum Pan-Asianismus. Dabei analysiert sie überzeugend, welche Bedeutung dem Pan-Asianismus zukam als ideologischer Hintergrund für den Mandschurei Zwischenfall 1931 sowie die damit verbundenen Entwicklungen wie beispielsweise Japans internationale Position und die Installierung des Marionettenstaates Manchukuo unter dem Slogan "Harmonie der fünf Rassen". Manchukuo ist für Hotta quasi die Verkörperung des pan-asiatischen Experiments und seiner Utopie: „In fact, Mandschukuo became more a dystopia in which anything – ranging from exploitation of local populations as cheap labor to biological experiments on alleged anti-Japanese elements by the infamous Unit 731 – became justified in terms of the Pan-Asianist slogan of the 'Kingly way'.“ (S. 109) Ein überzeugendes Beispiel, an dem sie die realpolitischen Auswirkungen der Utopie veranschaulicht, ist das japanischen Projekt der Kenkoku Daigaku (Universität der Staatsbildung), welche die Kluft zwischen Theorie und Praxis verdeutlicht.

Den chinesisch- japanischen Krieg beschreibt Hotta als Zeit, in der die chauvinistische Verkündigung des Pan-Asianismus mit anderen intellektuellen Strömungen und Ideen, insbesondere dem Faschismus, aber auch dem Marxismus und dem Kult um den Kaiser zusammenspielten.

Ein weiterer Schwerpunkt sind die Intellektuellen der von Premierminister Konoe Fumimaro gegründeten Shôwa Forschungsgesellschaft (Shôwa Kenkyû Kai), und die von ihnen geschaffenen Legitimierungsdiskurse. Hierbei unterscheidet sich ihre Analyse der Ideen des Politikwissenschaftlers Rôyama Masamichi von der ebenfalls kürzlich publizierten Untersuchung Victor Koschmanns. Denn seine Schlussfolgerung lautet, dass die pan-asiatischen Formulierungen „more rational and methodologically sophisticated than is often recognized“ seien.3 Hotta hingegen hinterfragt auf der einen Seite eben diese theoretisch-methodische Herangehensweise und vergleicht sie mit den „dubious scientific theories“ (S. 171) nationalsozialistischer Denker in Deutschland. Auf der anderen Seite bettet sie auf einleuchtende Weise Rôyamas Denkweise in den Kontext der realhistorischen Auswirkungen ein und zeigt, wie seine Schriften an die politischen Maßnahmen von Konoe Fumimaro gekoppelt sind. Hotta zeigt zudem, wie viele Intellektuelle, die zuerst den chinesisch-japanischen Krieg noch diskreditiert hatten, ihn plötzlich als eine pan-asiatische Heilsbringung sahen, als es um eine Rechtfertigung von „Pearl Harbor“ ging. Hotta beschreibt, wie nach 1941 Pan-Asianismus schließlich zu einem zentralen Kriegsziel im Krieg gegen den Westen avancierte.

Die letzten Jahre des japanischen Imperiums untersucht Hotta insbesondere auf die Frage hin, weshalb Japan immer noch pan-asiatische Ideale verkündete und sogar versuchte, diese durch Kulturprogramme in den neu eroberten Gebieten umzusetzen, obwohl die Niederlage in dem Krieg aus materialistischer Sicht eigentlich voraussehbar gewesen sei. Sie konzentriert sich deshalb auf „Pan-Asianism in action“ und geht dabei auf die Schwierigkeiten der kulturellen Eliten bei den Reformen in den beherrschten Gesellschaften ein. Dabei weist sie auf das Paradox hin, dass die Leute, welche die Kulturprogramme umsetzen sollten, häufig eigentlich nicht den imperialistischen und militaristischen Ideologien Japans zustimmten. Überzeugend ist, dass Hotta die Realisierungsmaßnahmen nicht nur aus der Sicht der japanischen Intellektuellen und bunkajin (kultivierten Menschen) schildert, sondern auch die Rezeption der Kulturprogramme von den jeweils Betroffenen mit in den Blick nimmt. Allerdings geht es dabei meist eher um die Rezeption der Politik der kôminka (Gewinnung von kaiserlichen Untertanen) und weniger einer breiteren pan-asianistischen Ideologie.

Mit dem aus ihrer Dissertation hervorgegangenen Buch hat Eri Hotta eine Studie vorgelegt, die den Pan-Asianismus in einer bisher nicht erforschten Breite darlegt. Sie besticht insbesondere durch die Koppelung der Ideologie an die Realpolitik. Gelegentliche transnationale Bezüge zu pan-slavistischen und pan-islamischen Bewegungen tragen zu einer vielschichtigen Darstellung bei.

Anmerkungen:
1 Victor Koschmann / Sven Saaler (Hrsg.), Pan-Asianism in Modern Japanese History. Colonialism, Regionalism and Borders, London 2007.
2 Aydin Cemil, The Politics in Anti-Westernism in Asia. Visions of World Order in Pan-Islamic and Pan- Asian Thought, New York 2007.
3 Koschmann / Saaler, S. 199.

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26.02.2009
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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