C. Schäfer (Hrsg.): Connecting the Ancient World

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Title
Connecting the Ancient World. Mediterranean Shipping, Maritime Networks and their Impact


Editor(s)
Schäfer, Christoph
Series
Pharos 38
Published
Rahden/Westf. 2016: Verlag Marie Leidorf
Extent
XI, 248 S., 26 Abb., 12 Tab.
Price
€ 49,80
Reviewed for Connections. A Journal for Historians and Area Specialists by
Sven Günther, Institute for the History of Ancient Civilizations, Northeast Normal University Changchun, China

Das Maritime als ein die mediterrane Welt einendes wie verbindendes Element und Konzept hat in jüngster Zeit wieder vermehrte Aufmerksamkeit erfahren.1 Neben kulturwissenschaftlichen und soziopolitischen Fragestellungen und Modellen haben vor allem die experimentelle und simulierende Archäologie sowie die neueren wirtschaftshistorischen Ansätze – etwa die Neue Institutionenökonomie, speziell die darunter subsumierte Transaktionskostentheorie und Prinzipal-Agenten-Theorie – diesen Trend unterstützt. Ohne Zweifel gehört der Herausgeber mit seinem Lehrstuhl an der Universität Trier, an dem auch die meisten der hier vorgelegten Studien im Rahmen einer Vortragsreihe präsentiert wurden, zu einem der führenden Akteure in diesem Bereich, vor allem mit seiner Expertise im antiken Schiff(snach)bau und für ökonomische Fragestellungen.2 Und der Sammelband mit seinen acht englischsprachigen Beiträgen – so viel sei vorweggenommen – zeichnet sich durch eine selten gewordene Kohärenz aus, da er die ökonomischen Aspekte des maritimen Handels aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet.

Nach einer kurzen Einleitung (S. VII–XI), die vornehmlich den Rahmen der Beiträge sowie deren hauptsächliche Thesen zusammenfasst, folgt Julian Whitewrights Überblick zu „Sails, Sailing and Seamanship in the Ancient Mediterranean“ (S. 1–26). Er kann aufzeigen, dass die unterschiedlichen Segelformen nicht exklusiv in eine chronologische Reihe aufeinanderfolgender, sich stets verbessernder Technologieschritte gebracht werden können, sondern den jeweiligen Status der Schiffsroute (traditionell befahren oder neu, einfach oder gefährlich usw.) sowie den jeweiligen Kontext (also etwa regionaler oder überregionaler Handel, Groß- oder Kleintransport usw.) reflektieren und von daher nicht allein unter dem Aspekt des Kosteneinsparpotentials betrachtet werden dürfen.

Tyler V. Franconi widmet sich sodann den „Climatic Influences on Riverine Transport on the Roman Rhine“ (S. 27–44). Er arbeitet heraus, dass der Flusstransport und dessen Stellung innerhalb der nicht nur wirtschaftlichen Transportlogistik maßgeblich von den klimatischen Rahmenbedingungen abhing, die sich innerhalb der Römischen Kaiserzeit wandelten, was sich auch im dendrochronologischen wie archäologischen Befund nachweisen lässt. Allerdings sind konkrete Aussagen über die Anpassungsfähigkeit der involvierten Personen und Schiffsmaterialien sowie die Veränderungen im Transportaufkommen – in genereller Tendenz eher schrumpfend – aufgrund der disparaten Quellenlage kaum möglich. In Kombination mit dem Beitrag von Christoph Schäfer zum Olivenöltransport nach Germanien (S. 211–248), der die Wichtigkeit der Atlantiktransportroute aus Kosten- und Zeitersparnisgründen mit Hilfe experimenteller Daten untermauert, dürften zukünftige Forschungen vor allem auf Synergieeffekte zwischen Meer-, Fluss- und Landtransport zu konzentrieren sein.

Pascal Warnking ist mit Extrakten bzw. Vertiefungen aus seiner Dissertation zum römischen Seehandel3 gleich zweifach im Band vertreten: Zunächst behandelt er die römischen Handelsrouten, die er aufgrund der klassischen Quellenmaterialien, aber vor allem mit Hilfe moderner Segeldaten und Simulationen rekonstruiert und auswertet (S. 45–90). Dabei kann er nicht nur die Verlässlichkeit solcher Datenanwendungen aufgrund einiger überlieferter antiker Quellen wahrscheinlich machen; es gelingt ihm auch anhand des Diokletianischen Preisedikts zu zeigen, inwieweit bereits die Antike näherungsweise Kalkulationsmodelle für Preise, gewonnen aus Erfahrungswissen, entwickelte und damit das ökonomische System mitgestaltete. Letzteres vertieft er bezüglich der privaten Rentabilitätsberechnungen von Schiffseigentümern im zweiten Beitrag (S. 173–210). Indem er die jeweiligen Gewinn- und Kostenfaktoren minutiös auflistet und – soweit möglich – auch antike Daten mit einbezieht, weiß er hier ebenfalls klare Ergebnisse aus dem Material zu extrahieren: So zeigt er auf, dass größere und seetüchtigere Schiffe sowie sicherere Fahrrouten bei möglichst niedrigen Kosten und Einkaufspreisen ein anzustrebendes Optimum waren.

Während Robert L. Hohlfelder mit seinem Zusammentragen des zum großen Teil neuen oder wenigstens neu beachteten Materials über verschiedene Baumaßnahmen an Häfen in augusteischer Zeit zur Ergänzung der Res Gestae Divi Augusti mit deren Hervorhebung von Baumaßnahmen des ersten Prinzeps beiträgt (S. 91–104), sucht Neville Morley konzeptionell nach Wegen, die „römische Globalisierung“ zu beschreiben (S. 105–113). Er macht dabei sowohl auf die immer stärker durch die Forschung herausgearbeiteten Handelsverbindungen, die damit verbundenen intraregionalen Netzwerke sowie die dadurch teilweise erfolgte Integration von Märkten aufmerksam, zeigt jedoch auch die Grenzen dieser Entwicklung für die römische Antike im Vergleich zur Moderne auf.

In einem substantiellen Artikel nimmt schließlich Pascal Arnaud (S. 115–172) die Städte des Römischen Reiches und ihre zu Unrecht oft unbeachtete Funktion für den Seehandel in den Blick. Ganz im Sinne der Neuen Institutionenökonomie analysiert er systematisch die Funktionen der Städte und ihrer Organe, Regelwerke und Personen für den Seehandel, unter anderem als Administratoren der Häfen, als Bereitsteller von Märkten oder auch als Sitz von Händlervereinigungen. Arnaud untersucht dabei nicht nur den Status quo, sondern fragt auch nach möglichen Vorläufern in Bezug auf die Städte im griechischen Osten und dem Zusammenwirken von Reichs-, Provinz- und lokaler Städteadministration. Letztlich erscheinen für ihn die Städte als „micro-states within an empire, markets and centres of services, and as key to the organization of diasporas, commercial information, trade and networks“ (S. 117). Weiterführend für diese erfrischende Betonung der lokalen und regionalen Organisationsstrukturen nicht nur für das ökonomische Leben dürfte in Zukunft die Erweiterung der Perspektive auf die Funktion von Städten im allgemeinen4 sowie die Einbeziehung der anderen Ebenen zwischen Reichs- und Lokaladministration sein.5

Trotz einiger weniger redaktioneller Mängel ist der Band mit seinen alles in allem gründlich recherchierten und oft weiterführenden Beiträgen jedem an der Antiken Ökonomie Interessierten zu empfehlen.

Anmerkungen:
1 Vgl. nur Raimund Schulz, Abenteurer der Ferne. Die großen Entdeckungsfahrten und das Weltwissen der Antike, Stuttgart 2016; Ernst Baltrusch / Hans Kopp / Christian Wendt (Hrsg.), Seemacht, Seeherrschaft und die Antike, Stuttgart 2016.
2 Vgl. beispielsweise die Sammelrezension des Rezensenten zum Projekt Römerschiff in: H-Soz-Kult, 26.01.2009, URL: http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-12123 (07.06.2017); ebenso die Publikationsliste von Christoph Schäfer unter: https://www.uni-trier.de/index.php?id=5104 (06.06.2017).
3 Pascal Warnking, Der römische Seehandel in seiner Blütezeit. Rahmenbedingungen, Seerouten, Wirtschaftlichkeit, Rahden / Westfalen 2015; vgl. die Besprechung des Rezensenten in: H-Soz-Kult, 11.07.2016, URL: http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-25593 (07.06.2017).
4 Vgl. z.B. jüngst für Ägypten die wichtige Studie von Stefanie Schmidt, Stadt und Wirtschaft im Römischen Ägypten. Die Finanzen der Gaumetropolen, Wiesbaden 2014.
5 Für die Provinziallandtage des Römischen Reiches hat vor kurzem Babett Edelmann-Singer eine grundlegende Studie vorgelegt: Koina und Concilia. Genese, Organisation und sozioökonomische Funktion der Provinziallandtage im römischen Reich, Stuttgart 2015.

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17.07.2017
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