First European Congress of World and Global History - Panel 17: Europe's Globality before Globalization. Contributions from Medieval Studies to the Writing of World History

First European Congress of World and Global History - Panel 17: Europe's Globality before Globalization. Contributions from Medieval Studies to the Writing of World History

Organizer(s)
European Network in Universal and Global History; Organisationskomitee Leipzig: Frank Hadler, Matthias Middell, Hannes Siegrist, Katja Naumann
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
22.09.2005 - 25.09.2005
By
Johanna Wolf

Das Panel zum Thema „Europas Globalität vor der Globalisierung. Mediävistische Beiträge zur Weltgeschichtsschreibung“ stand unter der Leitung von Thomas Ertl (Freie Universität Berlin). Er machte in einer Einleitung die Problematik deutlich, dass die Globalisierungsdebatte in ihren historischen Dimensionen kaum über das 19. Jahrhundert zurückreiche und die deutsche Geschichtswissenschaft dem transkulturellen Vergleich sowie der Verflechtung vormoderner Gesellschaften, abgesehen von einzelnen Untersuchungen, bisher wenig Aufmerksamkeit schenkte. Dabei sei doch das europäische Mittelalter häufig als prägende Epoche für eine welthistorische Bedeutung Europas verstanden worden. Diesem widmete man sich in vier Beiträgen.

Der erste Beitrag von Dorothea Weltecke (Universität Göttingen) war überschrieben mit dem Thema: „Wenn Christen die Verlierer der Geschichte sind: Zur christlichen Weltgeschichtsschreibung im Islam“. Weltecke sprach über die Bedingungen christlicher Weltgeschichtsschreibung im Islam. Sie entstamme den gleichen weltgeschichtlichen Wurzeln wie die westliche Chronistik - also Julius Africanus und Eusebius etc. - und sei somit von der Hoffnung zunehmender Sakralisierung der Welt und der Geschichte getragen. Seit dem 7. Jahrhundert habe sie es mit einer welthistorischen Realität zu tun, die sich im Westen zur Frage artikulierte: Wie integriere ich die Tatsache des mächtigen Islam in die Weltgeschichte? Manche Werke der syrisch-orthodoxen Weltgeschichtsschreibung erscheinen modern, denn sie sind Folge des Versuchs, diese Tatsache des muslimischen Erfolgs und der eigenen, wachsenden Ohnmacht in einem welthistorischen Entwurf zu integrieren. Weltecke machte darauf aufmerksam, dass „christliche Weltgeschichtsschreibung“ nicht selbstverständlich eine Erfolgsgeschichte sei, nicht nur die bekannten Narrative bereithält, Translatio, Zweireiche etc., sondern auch andere, bisher wenig bekannte.

Im Anschluss referierte Johannes Pahlitz (FU Berlin) zum Thema „Geld, Prestige und Seelenheil. Das Stiftungswesen im transkulturellen Vergleich“. Der Beitrag handelte von Stiftungen in Byzanz und im Islam vom 8. bis zum 12. Jahrhundert. Mit diesem Thema verbunden war außerdem die Frage der Methodik und des Nutzens des historischen Vergleichs. Zunächst wurde die allgemeine Verbreitung von Stiftungen im Christentum und im Islam beschrieben. Pahlitz stellte die These auf, dass die weite Verbreitung sowie die zahlreichen Übereinstimmungen zwischen byzantinischen und islamischen Stiftungen daher rührten, dass die islamische Stiftung ihren Ursprung im spätantiken christlichen Stiftungswesen habe. Aufgrund der Quellenlage sowie der allgemeinen kulturellen Synthese zur Entstehungszeit des Islam ließ sich diese These allerdings nicht aufrechterhalten. Er stellte fest, dass gerade Stiftungen ein universelles Phänomen seien und Ähnlichkeiten nicht durch direkte Ableitung erklärt werden könnten. Dennoch sei der Vergleich byzantinischer und islamischer Stiftungen nicht obsolet. Durch den Vergleich konnte gezeigt werden, welche Eigenschaften und rechtlichen Merkmale gerade bei einem solch universalen Phänomen spezifisch für die islamische bzw. die byzantinische Gesellschaft waren.
Der folgende Beitrag von Thomas Ertl beschäftigte sich mit dem Thema „Raupen, Kapital und Kriegsschiffe. Die europäische Seidenindustrie im mittelalterlichen Weltsystem“. Ertl verfolgte die Frage, wie es zum Aufschwung der westeuropäischen Seidenindustrie kommen konnte. Er machte deutlich, dass der Aufstieg geprägt war von einem vielschichtigen Prozess der Verflechtung und Abgrenzung, einerseits durch die Übernahme von technischem Können und ästhetischem Empfinden, andererseits durch militärische und herrschaftliche Umwälzungen. In seinen Ergebnissen stellte er heraus, dass die Dynamik und Kreativität nicht von einem einzigen Zentrum ausging, und sich keine Kontinuitätslinien zwischen einer expandierenden Seidenindustrie und der neuzeitlichen Expansion Europas konstruieren ließen, sich aber dennoch Phänomene ausbildeten, welche Europas globale Vorherrschaft in späterer Zeit begünstigten. Die möglichen Ursachen für Europas Expansion in Spätmittelalter und Frühneuzeit lagen zum einen in einer liberalen, d. h. nicht vorrangig vom Staat geprägten Wirtschaftsordnung, zum anderen in einer steigenden Kaufkraft des Bürgertums in vielen Ländern des lateinischen Europas. Ertl schlug bezüglich der Seidenindustrie eine vergleichende Analyse anhand eines abgegrenzten Themenbereichs in den einzelnen Großräumen vor.

Der Beitrag „Feindberührung und Selbstwahrnehmung. Transkontinentale Kulturkontakte als Motor europäischer Selbstvergewisserung im späten Mittelalter“ wurde von Felicitas Schmieder (Fernuniversität Hagen) vorgestellt. Im Mittelpunkt des Vortrages stand die Betrachtung der Kartographiegeschichte Europas im späten Mittelalter. Einerseits reagierten Karten auf kulturelle Entwicklungen, wie Entdeckungsreisen oder praktische Bedürfnisse des Transportwesens, und erzeugten dadurch neue kartographische Darstellungsweisen. Andererseits artikulierten sie politische, religiöse, wissenschaftliche u.a. Vorstellungen von Welt, Zeit und Raum und waren damit ein Medium der Selbstverständigung von Gesellschaften. Frau Schmieder stellte vorasiatische Karten vor, in denen zu erkennen war, dass die Mongolen auch Ostasien an ein Informationsnetz anschlossen, an das in diesem Falle die Europäer schon begrenzt angeschlossen waren. Von der Betrachtung des Katalanischen Atlas (14. Jh.) ging sie zur Chronistik von Rashid ad-Din über - der in Täbris unter Ghazan Khan, um 1300, offenbar Martin von Troppau benutzte. Darauf bezog sich auch Paulinus Minorita bei seinem Versuch die europäische Chronistik auf Weltgeschichtsniveau zu bringen. In die Betrachtungen von Schmieder flossen ebenfalls Beiträge Innocenz des IV. ein. Schmieder konstatierte, dass die Mongolen als Katalysatoren gesehen werden können und ein Kulturaustausch die Ausprägung einer lateinischen Sicht vorantrieb.

Die Vorträge machten deutlich, dass eine Verflechtungs- und Beziehungsgeschichte sowie transkulturell vergleichende Geschichte in der vormodernen Zeit durchaus von Relevanz ist. Sie verknüpften das mittelalterliche Europa mit außereuropäischen Kulturen, stellten Historiographie als Weltentwürfe dar, sowie universelle Phänomene in verschiedenen Kulturen. Die Diskussionen, die sich jeweils an die Vorträge anschlossen, gingen aber eher auf spezielle Fragen ein, als einen globaleren Kontext zu diskutieren.

Contact (announcement)

Katja Naumann
Universität Leipzig
Zentrum für Höhere Studien
Emil-Fuchs-Str. 1
04105 Leipzig
knaumann@uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/zhs/ekwg
Editors Information
Published on
06.01.2006
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Contributor
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Regional Classification
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English, French, German
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