First European Congress of World and Global History - Panel 33: International Organizations

First European Congress of World and Global History - Panel 33: International Organizations

Organizer(s)
European Network in Universal and Global History; Organisationskomitee Leipzig: Frank Hadler, Matthias Middell, Hannes Siegrist, Katja Naumann
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
22.09.2005 - 25.09.2005
By
Elena Temper, ZHS, Uni Leipzig

Das Panel setzte sich mit internationalen Kooperationen an Beispielen aus den Bereichen der Kirche, der Sozialarbeit, der Politik und der Wirtschaft auseinander. Im Fokus des Interesses standen vor allem Gründe für diese Zusammenarbeit sowie für ihr Erfolg und das mögliche Scheitern.

Pfarrer Dr. Horst Jesse aus München zeigte an der Entstehung des Lutherischen Weltbundes ein Beispiel eines konfessionellen weltweiten Zusammenschlusses der evangelisch-lutherischen Kirchen in der Welt. Er definierte Geschichte als Erzählung eines Geschehens und seiner Wirkungsgeschichte. Aufgrund des in Matthäus 28, 19.10 erteilten Missions-auftrages Jesu bezeichnete Jesse Kirchen- und Missionsgeschichte als Weltgeschichte und den Lutherischen Weltbund als eine ihrer Episoden.
1947 aus dem lutherischen Weltkonvent in Schweden gegründet ebnete der Lutherische Weltbund (LW) den Weg zu einer effizienteren Zusammenarbeit in Bereichen der Lehre und der Theologie, der Diakonie und des Weltdienstes sowie der missionarischen Kooperation. Auf seinen bis 2003 abgehaltenen zehn Vollversammlungen widmete sich der LW Themen wie der Rolle der Kirche in der Welt, dem ökumenischen Gespräch, Menschenrechten, Gleichberechtigung und Rassismus aus der Perspektive der Theologie. Aber auch einer Auseinandersetzung mit politischen Ereignissen in der Welt konnte und wollte sich die Organisation nicht entziehen. So beschäftigte sich der LW auf der Vollversammlung in Curitiba (Brasilien) 1990 mit den gesellschaftlichen und sozialen Problemen in der Dritten Welt. Auf dieser Tagung wurde der LW als „communio“ wesensbestimmt. Durch die communio-Ekklesiologie begreift sich der LW als eine Gemeinschaft von Kirchen, die in Kanzel- und Abendmahlgemeinschaft verbunden sind. Die Neubestimmung der sozial-ethischen Dimension beschränkte sich auf die Förderung des diakonischen Handelns, Linderung menschlicher Not, Frieden und Menschenrechte, soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung Gottes und gegenseitiges Teilen unter den Mitgliedskirchen. Angesichts des religiösen Pluralismus unterstützt der LW den interreligiösen Dialog in der Welt. Im Zentrum seiner diakonischer Arbeit vor allem die Hilfe für Menschen in Not, das weltweite Flüchtlingsproblem, Einsatz in Krisen- und Kriegs-gebieten (u.a. in enger Kooperation mit UNO), Programm gegen AIDS und Landwirtschaftsprojekte ( Zusammenarbeit von LW und „Brot für die Welt“). Als eine Antwort auf das Weltwirtschaftsforum in Davos hatte der LW eine Alternative, das Weltsozialforum, entwickelt, die sich gegen eine rücksichtslose Globalisierung richtet und eine soziale Bewegung im Sinne der Bibel anstrebt.

Korrespondierend zum Vortrag von Horst Jesse referierte Henner Stieghorst (Marburg) über die Grenzen des internationalen Austauschs in der protestantischen Sozialarbeit am Bespiel des Internationalen Verbands für Innere Mission und Diakonie von 1922 bis 1951. Mit der Formierung der europäischen und der nordamerikanischen Erweckungsbewegungen kam es zu einer Entfaltung der protestantischen Verbandsgeschichte. Der Entstehung des kontinentalen (später internationalen) Zusammenschlusses 1922 ging eine erfolgreiche grenzübergreifende Zusammenarbeit christlicher Institutionen nach dem Ersten Weltkrieg voraus. Der „Kontinentale Verband“ hatte zum Zweck, dauerhaften Kontakt zwischen den diakonischen Organisationen in den jeweiligen Ländern herzustellen, sie international zu repräsentieren und in Krisensituationen gegenseitige Hilfestellung zu ermöglichen. Zu den diakonischen Arbeitsfragen des Verbands zählten neben Wohlfahrtspflege, Jugendfürsorge, Volksmission auch Alkoholismus und die Stellung der Frauen. Nach der kurzen Blütezeit des Verbands kam es Anfang der 1930er Jahre wegen des Zusammenbruchs der „Deutschen Evangelischen Heimstätten-Aktiengesellschaft“ zu einer existenziellen Krise, in deren Folge die finanzstärkste deutsche Diakonie-Vereinigung aus dem Verband austreten musste. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges kamen die Tätigkeiten des Internationalen Verbandes zum Erliegen. Erst 1951 wurde der Verband neu gegründet und existiert heute als „Europäischer Verband für Diakonie – Eurodiakonika“ weiter. Es waren allerdings nicht nur die historischen Ereignisse, die das Ende des Internationalen Verbands herbei führten. Stieghorst sieht die Gründe vielmehr in der inneren Zerrissenheit seiner Hauptausschuss-Mitglieder über Fragen der internationalen Ausrichtung diakonischer Zusammenarbeit. Vor allem mangelnde Bereitschaft der zahlenmäßig überlegenen deutschen Mitwirkenden, ihre mentalen Vorbehalte in religiös-konfessioneller als auch in ideologisch-nationaler Hinsicht zu überwinden, hatte zu beachtlichen Konsequenzen geführt. Ferner verhinderte eine nationalistische Grundhaltung in zahlreichen Mitgliedsländern eine effektive internationale Zusammenarbeit.

Aysen Dilek Lekon von der Universität Istanbul, stellte in ihrem Beitrag drei Verfechter eines nordatlantischen Bündnisses vor. Intellektuelle Bewegungen der 1930er und 40er Jahre sahen nach dem Wegfall des Völkerbundes in der Abschaffung nationaler Souveränitäten und der Bildung internationaler Allianzen, die einzige Chance künftige Kriege zu vermeiden. Der Amerikaner Clarence Streit schlug eine Föderation aus den USA, Großbritannien und seinen Herrschaftsgebieten sowie westeuropäischen Demokratien vor. Seine Idee beschrieb er in dem 1938 erschienenen Buch „Union Now“. Diese Vereinigung sollte eine gemeinsame Staatsbürgerschaft, auf einander abgestimmte Außen-, Verteidigungs- und Kolonialpolitik sowie einen gemeinsamen Handelsmarkt mit einheitlicher Währung und einem Transportsystem haben. Nach dem sie auf dieser Weise ihre Kompetenzen gebündelt hatten, wären die Staaten der Föderation jeder faschistischen Bedrohung überlegen. Auch am Anfang des Kalten Krieges versuchte Streit seinen Plan einer transatlantischen Union durchzusetzen. Ein britischer Konterpart zu Streit war Lionel Curtis, dessen politische Ideen durch seinen Dienst in Südafrika zunächst als Soldat, dann als Kolonialbeamter und Mitglied einer kleinen Gruppe genannt „Milners Kindergarten“ geprägt waren. Infolge der Burenkriege führten die Mitglieder des „Kindergarten“ im Jahr 1910 eine erfolgreiche Vereinigung von vier britischen Kolonien in Südafrika zur Südafrikanische Union. Auf ähnliche Weise erhoffte Curtis eine Vereinigung von Großbritannien und seinen Dominions (Kanada, Südafrika, Australien und Neuseeland). Die Dominions sollten ein Mitspracherecht in Sachen imperialer Kolonial- und Außenpolitik erhalten, mussten aber gleichzeitig Finanz- und Arbeitskontributionen an Großbritannien entrichten. Auf diese Weise, so glaubte Curtis, würde ein Machtblock gegen amerikanische und deutsche Konkurrenz entstehen. Lord Lothian, enger Freund von Curtis, vertrat die Meinung, dass nur ein Weltstaat Kriege verhindern könne. Er nannte zwei Ursachen der Kriege: „mechanische“ – die Aufteilung der Welt in konkurrierende Staaten und die anarchische Struktur des internationalen Systems, und „psychologische“ – das starke Nationalgefühl jedes Einzelnen. Doch wie sollten die Ideen von Streit, Curtis und Lothian angesichts des neuen EU-Verfassungsdebakels bewertet werden, wenn schon eine vergleichsweise kleine kontinentale Staatenvereinigung scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Einigung auf die gemeinsamen Werte aufweist? Waren sie bloße Idealisten fernab jeglicher Realität oder waren sie die Vorbereiter des Föderalismusgedankens? Diese und andere Fragen wurden im Anschluss diskutiert.

Die Öffnung der Versicherungsmärkte bei OECD, EU und WTO war das Thema des Vortrags von Welf Werner, Professor of International Economics an der Universität Bremen. Werner stellte zunächst die Situation um die Liberalisierung des internationalen Versicherungsmarktes dar, die seit 1948 von internationalen Organisationen wie OEEC, EWG und GATT sowie deren Nachfolgeorganisationen OECD, EU und WTO vorangetrieben wurde, und ging im zweiten Teil zu den dazu verwendeten Methoden über. Er stellte fest, dass mit Hilfe der modernen bilateralen Handelspolitik die Liberalisierung des internationale Versicherungsmarktes nicht annährend die Erfolge aufweist, die beim internationalen Warenhandel zu verzeichnen sind. Als Gründe dafür nannte er das Fehlen eindeutiger Regelungen für das Aufsichtsrecht sowie fehlende Vorgaben für die kurzfristige Liberalisierung des Kapitalverkehrs bei der WTO.

In der kurzen Abschlussdiskussion ging es um das Spannungsverhältnis von nationalen Interessen und internationalen Bemühungen einerseits, sowie um den Aushandlungsprozess zwischen Liberalisierung und Öffnung und staatlichem Protektionismus und Abgrenzung andererseits.

Contact (announcement)

Katja Naumann
Universität Leipzig
Zentrum für Höhere Studien
Emil-Fuchs-Str. 1
04105 Leipzig
knaumann@uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/zhs/ekwg
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Published on
06.01.2006
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