Santo Domingo/ Saint-Domingue/ Kuba: 500 Jahre Afrikanische Sklaverei und Transkulturation in den Amerikas

Santo Domingo/ Saint-Domingue/ Kuba: 500 Jahre Afrikanische Sklaverei und Transkulturation in den Amerikas

Organizer
Michael Zeuske und Rebecca J. Scott Universität zu Köln, Iberische und Lateinamerikanische Abteilung
Venue
Alter Senatssaal, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln
Location
Köln
Country
Germany
From - Until
14.12.2004 - 16.12.2004
Website
By
Neuner, Thomas

Konferenzsprachen: Spanisch und Englisch

Wenn im Dezember 2004 – im internationalen Jahr der Sklaverei – auch im weniger involvierten Deutschland und daher auf vergleichsweise neutralem Boden eine von der deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Konferenz über afrikanische Sklaverei und Transkulturation in den Amerikas stattfindet, dann nicht nur um daran zu erinnern, dass Sklaverei noch in der heutigen Zeit ein weit verbreitetes Phänomen ist und sklavereiähnliche Verhältnisse und Zwangsarbeit sogar wieder zunehmen. Das Jahr 2004 markiert zudem die Zweihundertjahrfeier des ersten unabhängigen schwarzen Staates Haiti in der Karibik – als globales Fanal sowie Symbol des Widerstandes der Sklaven und ihres Kampfes für Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte. Ebenso markiert das Jahr 2004 die Neuerfindung der schon seit vorgeschichtlicher Zeit existierenden Sklaverei, die vor einem halben Jahrtausend mit der Verschleppung vieler Millionen afrikanischer Männer, Frauen und Kinder auf die Märkte der Karibik und des amerikanischen Kontinents begonnen hat und mit dem Tod unzähliger Opfer verbunden war. Um 1503/1504 sollen neben den Pagen oder Sklaven kastilischer Hidalgos auch die ersten Schwarzen aus Andalusien und der portugiesischen Algarve nach La Hispaniola verschleppt worden sein, um in den Goldminen der Insel zu arbeiten. Die ersten direkt von afrikanischen Häfen abgeschickten Sklavenlieferungen sind vermutlich erst Anfang der 1520er Jahre in Spanischamerika eingetroffen. Die im Laufe der Jahrhunderte vorangetriebene transatlantische Zwangsemigration kann als begründend für die Globalisierung angesehen werden und hat durch die Schaffung eines realen Afroamerika nicht nur den amerikanischen Kontinent geprägt, sondern auch auf die Entwicklung der afrikanischen und europäischen Kulturen großen Einfluss genommen. Die Praktiken und Strukturen des Sklavenhandels und der atlantischen Sklaverei waren der Nährboden für rassistische Ideologien, Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit.

Der Kampf gegen die Sklaverei und seine Folgen kann sich jedoch nicht auf rechtliche und strafrechtliche Schritte allein beschränken. Um Rassismus und Diskriminierung in der Gegenwart zu bekämpfen, sollten die Bemühungen auch darauf gerichtet sein, das Wissen über die vielfältigen Formen der Sklavereien in der Vergangenheit zu vertiefen und die kulturellen, politischen und rechtlichen Konsequenzen dieses historischen Phänomens aufzuzeigen. In diesem Sinne vereinigt die von der Kölner Universität organisierte Veranstaltung vom 14.-16. Dezember 2004 internationale Spezialisten aus Brasilien, Dominikanische Republik, Kuba, Frankreich, Spanien, USA zu einer Debatte über Emanzipation sowie die Geschichte der Sklaverei und der SklavInnen, das sich ausgehend von einer komparativ angelegten Perspektive auf drei thematische Komplexe konzentriert:

1. Sklaven und Sklavereikulturen in „großer“ Perspektive. Atlantisches „Big Picture“ und Mikrolandschaften der „ersten“ atlantischen Sklaverei 1500-1800 in Brasilien und in der Karibik.
Am Anfang der Arbeitssysteme der Sklaverei steht ein recht positiver Diskurs der potentiellen Herren über die „Stärke“ und „Gesundheit“ der „Neger aus Guinea“ (im Gegensatz zur „Faulheit“ der Indios, die in Brasilien gar als „Negros da terra“ bezeichnet wurden), aber überall haben sich auch unterschiedlichste Formen des Rassismus entwickelt, der mit der Abolition nochmals eine neue Stufe erreichte und in „Rassen-Ikonen“ bis heute verfestigt ist.
Die aus Afrika verschleppten Menschen haben vielfältigste Arbeits- und Subsistenzsysteme und materielle Ressourcen geschaffen; die Zwangsarbeit auf den Plantagen (Zucker, Kaffee, Kakao, Baumwolle) hat nicht nur den europäischen Konsum beflügelt, sondern – wie die Sklavereimalerei insbesondere des 19. Jahrhunderts zeigt – Landschaften der ruralen Industrialisierung mit eigener Ästhetik geschaffen.

2. Kultur, Widerstand und/oder Anpassung – das Problem der Transkulturation. Die Revolution von Saint-Domingue und die Entwicklung der „zweiten“ Sklaverei (Massensklaverei in Brasilien, Kuba und im Süden der USA) 1791-1888.
Ein zentraler Teil der Veranstaltung wird dem Thema Widerstand und/oder Anpassung gewidmet sein. Im Kern steht die „Schwarze Karibik“ im 18. und 19. Jahrhundert bis ca. 1915. Es geht um Widerstand und Antisklavereibewegungen zwischen Totalbruch (Revolution von Saint-Domingue), religiös motivierten Antisklavereibewegungen und transkulturierender Anpassung.
Bis um 1800 sind etwa doppelt so viele Menschen von Afrika nach Amerika gekommen, als Menschen aus Europa. Die versklavten Menschen haben „heilige“ Erinnerungen mitgebracht, die sich in Amerika zu afroamerikanischen Religionen ausformten und ihnen die Adaption erleichterten, allerdings oft auch zu schweren Konflikten mit den Trägern der christlisch-eurokreolischen Kulturen führten. Sie haben mit ihren vielfältigen Kulturen und Religionen ein „Afrika der Erinnerung“ geschaffen, dessen Kulturgeschichte noch aussteht. Auch die Geschichte der Transkulturationen anderer Einwanderergruppen auf Basis der Sklavenkulturen steht noch aus. Der internationale, zwischen europäischen und afrikanischen Eliten organisierte Sklavenhandel führte zur Formierung eines „Schwarzen Atlantik“. Hier sollen in langen Linien vor allem die Grundmuster der Transkulturation sowie die neuen Formen der transkontinentalen Verbindung herausgearbeitet werden. Unter Nutzung von Zeugnissen Versklavter sollen besonders die Träger der Transkulturation erfasst werden.

3. Sklaven, Sklaverei und Recht. Die Abolition der Sklaverei zwischen Transkulturation und Rebellion unter besonderer Betonung von Recht und Rassismus in der Perspektive der „New Legal History“, 1808-1940 auf Kuba und in Brasilien.
Während die ältere Forschung sich – je nach nationaler Perspektive – vor allem um Revolution und / oder Abolitionismus (Reform) bzw. psychische Schäden einer Totalunterwerfung bemühte, betont die heutige postkoloniale Forschung die Adaptions-, Verhandlungs- und Transkulturationsleistungen der Sklaven und ehemaligen Sklaven bzw. der Sklavinnen und ehemaligen Sklavinnen (weil hier auch der Gender-Aspekt besonders deutlich wird). Über das Meer mitgebrachte Elemente und Traditionen der unterschiedlichen afrikanischen Kulturen wie Musik, Performanz, Geschlechterbeziehungen, Religionen haben insbesondere die iberischen Sklavereigesellschaften (Brasilien, Venezuela, Cuba) „von unten“ sowie unter Nutzung des Rechts durchdrungen. Spannend wird es besonders im Falle Louisianas und Floridas, die aus dem „lateinischen“ Bereich des Römischen Rechts in den angloamerikanischen Bereich kamen. Der Blick auf die Sklaverei als schriftlich administriertes Rechtssystem erweist sich als lohnend: Mit Sklaven als anerkanntem Privateigentum haben sich in den beiden Rechtssystemen des atlantischen Westens (anglo-germanische Rechtsysteme versus Systeme römischen Rechts) unterschiedlichste Formen der Rechtsdogmatik, vor allem aber auch eine noch fast völlig unerforschte Sozialgeschichte des Rechts entwickelt, bei der die Sklaven und Ex-Sklaven als Akteure eine höchst wichtige Rolle gespielt haben. Hier sollen Sklaven als Rechtsubjekte sowohl in der Sklaverei, wie auch bei der individuellen Freiheit (Manumission) und der endgültigen Abolition analysiert werden. Besonderes Augenmerk liegt hier auf dem Komplex Bürgerstatus-Nationalismus-individuelle Identität im Übergang von der Sklaverei zur Postemanzipation, ausgedrückt in der Analyse der sog. „Sklavennamen“, die die Sklaverei lange überlebten (Apellidos im kastilisch-amerikanischen Namensrecht) und die ehemaligen Sklaven kulturell weiterhin an einen niedrigen Status fesselten.

Die mit den skizzierten Themenkomplexen verbundenen Fragen sollen auf der Konferenz diskutiert werden. Das Colloquium wird auch zeigen, ob Sklaverei ausschließlich als Produktionsform und Arbeitsregime anzusehen ist, oder gleichzeitig auch die Grundlage und Substanz der Sklavereigesellschaften bildete und damit eben auch Kultur war.

Programm

Programa provisional
Provisional Program

The colloquium is designed to be small and oriented toward discussion and debate, with a strong comparative focus. Presentations can be in either Spanish or English. The innovative work of the speakers on slavery and emancipation provides an inspiring model for the young historians and students who will be participating in the colloquium. At the same time, this colloquium has been developed in consultation with colleagues from Cuba, the United States, Santo Domingo, Spain and France, and will provide an opportunity for the participants to meet with a wide range of researchers to discuss the history of slavery and slaves in comparative context.

Martes, 14 de Diciembre de 2004/Tuesday, December 14, 2004)

19:00: Sesión de apertura/comida (Opening Session/Dinner)

19:00-19:15: Apertura y palabras de bienvenida de la directora del Instituto de Historia Ibérica y Latinoamericana de la Universidad de Colonia/Opening and welcome address by the director of the Institute of Iberian and Latin American History of the University of Cologne, Barbara Potthast.

19:15-20.00: Keynote address: Clarence J. Munford (University of Guelph, Canada)

Miércoles, 15 de Diciembre de 2004/Wednesday, December 15, 2004)

9.30-13.00: Santo Domingo - la formación de las esclavitudes en América
Santo Domingo – the formation of slaveries in the Americas

Moderator: N.N.

N.N.: The first West African slaves in Brazil, Santo Domingo and in the Caribbean

Genaro Rodríguez (todavía no confirmado/ not yet confirmed): La primera sociedad esclavista en las Américas: La Hispaniola

Alejandro de la Fuente (University of Pittsburgh): The Law in Early Cuban slavery

Comentarista/Commentator: N.N.

Café/Coffee Break (15 min.)

Moderator: N.N.

Olga Portuondo Zuñíga (Conservadora de la Ciudad, Universidad de Santiago de Cuba): Esclavitud y etnia en Cuba: los congos en la esclavitud temprana en Santiago de Cuba

Javier Laviña (Universidad de Barcelona): Esclavitud y religión en Santo Domingo, siglo XVII

Comentarista/Commentator: Esteban Mira Caballos (todavía no confirmado/ not yet confirmed) (Universidad de Sevilla).

13.00-15.00 Almuerzo/Lunch

15.00-19.00 El “modelo” caribeño: Saint-Domingue/Haiti y el desarrollo de las esclavitudes en las Américas
The Caribbean “Model” : Saint-Domingue/Haiti and the further development of slaveries in the Americas

Moderator: Karin Schüller (Universitaet zu Koeln)

Clarence J. Munford (University of Guelph, Canada): Saint-Domingue Slave Revolution and the Black Historical Timeline – a Critique of White Supremacy

Ada Ferrer (New York University): Haiti y Cuba

Julius S. Scott (University of Michigan, Ann Arbor): Saint-Domingue and the 'Greater Caribbean': The Haitian Revolution at Sea.

Comentarista/Commentator: N.N.

Café/Coffee Break

Moderator: Silke Hensel (Universitaet Muenster)

Claus Fuellberg-Stolberg (Universtaet Hannover): Haiti and Jamaica (todavía no confirmado/ not yet confirmed)

Christopher Schmidt-Nowara (Fordham University): Spain, Puerto Rico, Santo Domingo and Haiti in the 19th century-

Flávio dos Santos Gomes (Universidade Federal do Rio de Janeiro): O medo ao Haiti no Brasil

Comentarista/Commentator: Dale W. Tomich (Binghamton University)

19.00-20.00 Discusión/Discussion

Jueves, 16 de Diciembre de 2004 (Thursday, December 15, 2004)

9.30-13.30: Comparar Cuba : las esclavitudes del siglo XIX, las transculturaciones y la formación de las sociedades de postemancipación
Cuba compared : slaveries of the 19th century, transculturations and the formation of postemancipation societies

Moderator: Norbert Finzsch (Universitaet zu Koeln)

Gloria García (La Habana): La esclavitud en Cuba y la resistencia esclava

Martha Jones (University of Michigan, Ann Arbor): Baltimore as the northern-most port of the Caribbean

Comentarista/Commentator: Wolfgang Gabbert (todavía no confirmado/not yet confirmed)

Café/Coffee Break

Moderator: N.N.

Rebecca J. Scott (University of Michigan, Ann Arbor): Cuba and Louisiana 1868-1899: interwoven histories

Jean Hébrard (EHESS): Slavery and naming practices in Bahia, Brazil

Michael Zeuske (Universitaet zu Koeln): Slavery, notaries and naming practices in Cienfuegos, Cuba, 1868-1940

Comentarista/Commentator: Fe Iglesias (La Habana)

13.30-15.00 Almuerzo/Lunch

15:00-17:30 Comparar Cuba : las esclavitudes del siglo XIX, las transculturaciones y la formación de las sociedades de postemancipación
Cuba compared : slaveries of the 19th century, transculturations and the formation of postemancipation societies

Moderator: N.N.

Orlando García Martínez (Universidad de Cienfuegos; UNEAC Cienfuegos): La esclavitud en Cienfuegos 1830-1886

Reinaldo Funes (Fundación Antonio Núñez Jiménez, La Habana): Esclavitud y ecología en Cuba, siglo XIX

Comentarista/Commentator: Luis Miguel García Mora (Editorial Tavera, Madrid)

17.30-18.30 Discusión final/Final discussion

20.00: Comida/dinner

PARTICIPANTES invitados/invited PARTICIPANTS [confirmed are marked with *]

Rebecca J. Scott (University of Michigan, Ann Arbor ; rjscott@umich.edu)*

Julius S. Scott (University of Michigan, Ann Arbor ; jsscott@umich.edu)*

Christopher Schmidt-Nowara (Fordham University ; schmidtnowar@fordham.edu)*

Dale W. Tomich (Binghamton University ; dtomich@binghamton.edu)*

Jean-Michel Hébrard (EHESS Paris ; hebrardjm@wanadoo.fr)*

Genaro Rodríguez (Santo Domingo; Rodrimore@aol.com)

Esteban Mira Caballos (Universidad de Sevilla?)

Alejandro de la Fuente (University of Pittsburgh ; delafuente_a@yahoo.com)*

Javier Laviña (Universitat de Barcelona)*

Ada Ferrer (New York University ; af6@nyu.edu)*

Orlando García Martínez (Universidad de Cienfuegos/UNEAC Cienfuegos ; orlando@azurina.cult.cu)*

Reinaldo Funes (Fundación Antonio Núñez Jiménez, La Habana ; gponjuan@infomed.sld.cu)*

Gloria García (La Habana)

Fe Iglesias (La Habana ; feiglesias@cubarte.cult.cu)*

Martha Jones (University of Michigan, Ann Arbor ; msjonz@umich.edu)*

Karin Schüller (Universitaet zu Köln)

Silke Hensel (Universitaet Muenster ; shensel@gmx.net)*

Michael Zeuske (Universitaet zu Koeln ; mzeus@web.de)*

Olga Portuondo Zúñiga (Conservadora de la Ciudad, Universidad de Santiago de Cuba; sague@mediras.scu.sld.cu)*

Clarence J. Munford (University of Guelph, Canada; cjm@continuum.org)*

Luis Miguel García Mora (Fundación Mapfre, Madrid; lmgm@mapfre.com)*

Flávio dos Santos Gomes (Universidade Federal do Rio de Janeiro; escravo@prolink.com.br)


Editors Information
Published on
18.10.2004
Contributor
Classification
Regional Classification
Subject - Topic
Additional Informations
Country Event
Language(s) of event
English, Spanish
Language of announcement