J. Auler: Karl Lorenz Auler Pascha

Title
Karl Lorenz Auler Pascha. Preußischer Offizier, Militärberater im Osmanischen Reich, Reiseschriftsteller und Welkriegsgeneral. Eine Kurzbiografie


Author(s)
Auler, Jost
Published
Dormagen 2018: archaeotopos-Verlag
Extent
123 S.
Price
18,00
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Uwe Pfullmann, Gornsdorf

Karl Lorenz Auler verkörpert in seinem militärischen Werdegang Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreiches. Im Jahr der Reichsgründung trat er nach Ablegung des Abiturs als Freiwilliger in eine Pioniereinheit ein und schied nach dem Ende des Ersten Weltkriges als General einer Landwehrdivision aus dem aktiven Dienst aus. „Karl Lorenz Auler... war ein preußischer Offizier, ein deutscher Militärberater im Osmanischen Reich, der der Nachwelt aus diesen Jahren beachtenswerte Berichte seiner Reisen durch das Innere der Arabischen Halbinsel hinterließ, und ein Infanteriegeneral im 1. Weltkrieg. Zu Herkunft sowie privatem wie beruflichem Werdegang von Carl Auler liegen nur knappe, verstreute und wenig systematisch publizierte Daten vor“. (S. 2) Dies war der Beweggrund für den Autor, diese Monographie über einen Zeitzeugen zu veröffentlichen, der neben militärhistorischen Aspekten zu den Festungswerken Preußens im Rheinland auch als Militärberater im Osmanischen Reich Augenzeuge von Erneuerung und Niedergang eines nahöstlichen Großreiches war. Als osma-nischer General gelangte Auler auch in die Randgebiete des türkischen Reiches, so mit der Hedschas-Bahn nach Madain Salih und al-Ula.

Das Buch gliedert sich nach Geburts- und Ausbildungsorten und nach Eintritt in den Militärdienst seinen Dienstorten. Nach Simmern, wo Auler 1854 geboren wurde, folgen Köln, der Ort des von ihm besuchten Realgymnasiums, und Kastel, wo Auler seinen Dienst als Einjäh-rig-Freiwilliger im Pionier-Bataillon Nr. 11 ableistete. In einem wahren Parforceritt führt der Autor den Leser durch die Militärgeschichte der Pioniereinheiten und den Festungsbau der Rheinprovinz und erläutert die preußische Heeresorganisation: „Im Zuge dieser Maßnahme wurden die bisher eigenständigen Mineur-, Pionier- und Pontonierkorps sowie die Festungsbaumeister zu einem Ingenieurkorps zusammengefasst. Zwischen 1807 und 1914 wurden so 28 Pionier-Bataillone in der neupreußischen bzw. deut¬schen Armee aufgestellt.“ (S. 6) Mit Akribie hat Jost Auler Kasernen und Befestigungsanlagen dokumentiert, in denen Karl Auler Dienst tat. Viele Einzelheiten aus dem Leben z. B. eines Einjährig-Freiwilligen dürften heute unbekannt sein wie der Fakt, dass er in Friedenszeiten Unterbringung, Versorgung und Ausrüstung selbst bestreiten musste. Die Vielzahl militärischer Details wird ergänzt durch persönliche Ereignisse im Leben K. Aulers wie Heirat und die Geburt seiner vier Söhne. „Im April und Juni 1888 erfolgten erneut Vereidigungen.“ (S. 16) Mit diesen etwas dürren Worten beschreibt A. das Dreikaiserjahr und den Tod von Wilhelm I. und Friedrich III. sowie den Umstand, dass die Truppen auf die Person des Monarchen vereidigt wurden. Nach Abkommandierungen nach Charlottenburg (S. 10f.), Ulm (S. 12-16) wurde K. Auler Kompaniechef im Pionier-Bataillon in Köln-Deutz (S. 17-34). Das Kapitel Osmanisches Reich (S. 34-48) ist für den Nahosthistoriker zweifellos am aussagekräftigsten, wirft es doch ein Schlaglicht auf die militäri-sche Zusammenarbeit zwischen Preußen/Deutsches Reich und dem Osmanischen Reich/Türkei. „Am 18. Oktober 1901 - ... - wurde Karl Auler also ‚mit Chargen als Oberstleutnant zur Disposition gestellt’; ... Unter Beibehaltung der gesetzlichen Pension konnte so durch Vermittlung der deutschen Regierung der ‚Übertritt in türkische Militärdienste’ erfol¬gen. Auler erhielt von Sultan Abd ul Hamid II. (Regierungszeit 1876-1909) den Rang eines General(majors) auf Zeit und zusätzlich den ei¬nern General zustehenden Titel Pascha.“ (S. 34)

Zwischen 1901 und 1908 war Auler osmanischer Divisionsgeneral und Generalinspekteur des Pionier- und Ingenieurwesens. Ein kurzer und prägnanter Abriss der Geschichte und geografischen Ausdehnung des Osmanischen Reiches leiten eine Bewertung der deutsch-osmanischen Militärkooperation ein, die neben den vielfältigen Frustrationen der beteiligten deutschen Offiziere das eigentliche Ziel nicht verfehlte, einen Bundesgenossen im Nahen Osten zu gewinnen: „Die deutschen Militärmissionen im Osmanischen Reich (...) waren verteidigungspolitische Vorhaben zur Modernisierung der osmanischen Armee - türkisches Heer wie auch Marine waren vor dem 1. Weltkrieg in vollkommen desolatem Zustand - in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs. Die Militärmissionen... stellten neben dem Bau der Bagdadbahn einen maßgeblichen Beitrag zur Intensivierung des deutsch-osmanischen Verhältnisses dar, was das Osmanische Reich mit veranlasste, auf Seiten der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg einzutreten. Denn nach der Niederlage im Russisch-Türkischen Krieg 1877/1878 sah sich der Sultan Abd ul Hamid II.., der in ständiger Furcht vor einer durch das Militär gestützten Revolution lebte, gezwungen, ausländische Hilfe für die Reorganisation der osmanischen Streitkräfte in Anspruch zu nehmen, um die Bedrohung durch außen- und innen-politische Gegner abwehren zu können.“ (S. 35)

Es ist ein enttäuschendes Fazit, dass der Autor zieht: „Der Erfolg bei der Reorganisation der osmanischen Armee wurde von deutscher Seite letztendlich als sehr mäßig bewertet, maßgeblich verursacht durch die fehlende Unterstützung durch den Sultan selbst. Auch die rückständige Armee war Novationen gegenüber skeptisch; insbesondere fiir technische Einheiten wie der Artillerie und die Pioniere fehlten basale Voraussetzungen. ... Um jedoch die gute politische Fühlung zum Sultan nicht an andere Mächte zu verlieren, blieb die Mission bestehen und erbrachte in der Folgezeit weitere lukrative Rüstungsaufträge für die deutsche Waffenindustrie.“ (S. 38) Zu Aulers Aufgaben als Generalinspekteur gehörte auch die Berichterstattung über die Hedschas-Bahn, die Organisation, Personalbestand, Spurweite, rollendes Material und Fertigstel-lungstermine von Teilstrecken beschreibt und Einblicke in die politischen Absichten vermittelt: „Das Osmanische Reich wollte erstmals ein Großprojekt unter eigener Regie realisieren und zudem durch die Einrichtung dieser Pilgerbahn die Rolle des Kalifen als Führer aller Muslime weltweit unterstreichen. Strategisch richtete sich die Wüsten¬bahn (...), wie sie auch genannt wurde, zudem gegen die britische Präsenz am Suezkanal und am Roten Meer; eine projektierte Zweigstrecke nach Aqaba führte sogar zu diplomatischen Verwicklungen.“ (S. 44) Jene diplomatischen Verwicklungen waren die britische Inbesitznahme der Inseln Tiran und Sanafir, deren Rückgabe durch Ägypten an Saudi-Arabien erst unlängst Schlagzeilen verursachte.
Das Kapitel Ma’ân (S. 48-57) beinhaltet vor allem Aulers Tätigkeit als Reiseschriftsteller. Seine bei Petermanns Mitteilungen erschienen Reiseimpressionen vermitteln ein anschauliches Bild von der Bahn und den besuchten Orten sowie den Beduinen, die zu den jeweiligen Eröffnugsfeierlichkeiten eingeladen wurden. Kapitel El’Ula (S. 57-69) konzentriert sich auf Reminiszenzen der europäischen Entdeckungsgeschichte der Grabmäler von Madain Salih und al-Ula, die mit den Namen Charles M. Doughty, Charles Huber und Julius Euting verbunden ist. Detaillierte Karten und aussagekräftiges Bildmaterial illustrieren einprägsam jenes kurze Stück Eisenbahngeschichte und die Entdeckung des „kleinen Petra“, „der Städte des Salih“ in den Wüsten des Hedschas. Unter der Überschrift Exkurs – Reiseimpression (S. 70-78) schildert K. Auler seine Eindrücke von Madain Salih und al-Ula. Im Sommer 1908 kehrte K. Auler auf eigenem Wunsch nach Deutschland zurück. Das Kapitel Königsberg (S. 83-85) und Straßburg und Berlin (S. 86-88) skizzieren seine weitere militärische Karriere. Im März 1914 schied Karl Auler im Rang eines Generalmajors aus dem aktiven Dienst aus. Bei Kriegsbeginn im sommer 1914 meldete er sich freiwillig zum Dienst. Das Kapitel Verdun (S. 88-98) schildert den Einsatz der von Auler befehligten Verbände sowie die Härte der Kämpfe, ohne auch nur annähernd eine Vorstellung davon wiedergeben zu können. Als Kommandeur der 5. Landwehr-Division beendete Auler bei Kriegsende militärische Laufbahn endgültig. Kapitel Ulm (S. 98-106) ist den letzten Lebensjahren des Generals gewidmet. Es schließen sich eine Zusammenfassung, Bemerkungen zur Quellenlage, eine Danksagung, eine Bibliografie und der Bildnachweis an. Im Anhang (S. 115-123) sind Aulers „Erinnerungen an Julius Euting“ aus dem Schwäbischen Merkur vom 4. Januar 1913 enthalten, die den berühmten Straßburger Gelehrten würdigen.
Ein wirklich rundum gelungenes, gut illustriertes Buch, das man nur weiterempfehlen kann.

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19.01.2019
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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