"Über Verbrechen reden?! Umgang mit Menschenrechtsverbrechen in globaler Perspektive

"Über Verbrechen reden?! Umgang mit Menschenrechtsverbrechen in globaler Perspektive

Veranstalter
Universität Dortmund Fakultät Kulturwissenschaften Historisches Institut/Neuere und Neueste Geschichte und Didaktik der Geschichte
Veranstaltungsort
Universität Dortmund, Emil-Figge-Str. 50; 44221 Dortmund
Ort
Dortmund
Land
Deutschland
Vom - Bis
08.11.2005 - 31.01.2006
Website
Von
PD Dr. Christian Kleinschmidt/Meik Zülsdorf

Seit dem Stockholmer „International Forum on the Holocaust“ im Jahre 2000 gilt die Auseinandersetzung mit dem Holocaust als konstitutiv für die Europäische Union. In zahlreichen Mitgliedsländern sind seitdem Holocaustgedenktage eingeführt und bildungspolitische Bemühungen unternommen worden, um eine intensive Beschäftigung mit dem Holocaust auf Dauer zu stellen. Die deutsche Erinnerungspolitik der Nachkriegszeit spielt hier eine wichtige Rolle, ohne einem „Sondersündenstolz“ (Hermann Lübbe) das Wort zu reden. Manche Forscher sehen in der Holocausterinnerung gar das Paradigma einer globalisierten Erinnerungskultur (Levy/Sznaider). Was lässt sich über die Folgen des deutschen Umgangs mit dem Holocaust empirisch gesichert sagen? Was denken zum Beispiel deutsche Jugendliche über das Thema „Holocaust“? Wie wird in anderen Ländern mit Menschenrechtsverbrechen umgegangen? Wie wird beispielsweise in europäischen Familien über Menschenrechtsverbrechen geredet? Ist die vorbehaltlose Erforschung von Menschenrechstverbrechen zur Voraussetzung für politische Partizipation geworden? Leben wir in einer Zeit, in der sich historische Aufklärung über meist nationalistisch bedingte Geschichtsbilder und -mythen hinwegsetzt?

In Russland zeichnet sich eine Ausdifferenzierung der Interpretation des „Großen vaterländischen Krieges“ ab, der zur Zeit der Sowjetunion eine wesentliche ideologische Legitimation des Regimes lieferte. Im heutigen Russland gibt es parallel verlaufende, unterschiedliche Darstellungen von Seiten des Staates, in den Medien, von Intellektuellen und Veteranenverbänden. In Ostasien ist nach einer Phase der vorsichtigen Annäherung ein massiver Streit zwischen Japan, China und Korea über Entschädigungsfragen, über die symbolische Politik des japanischen Ministerpräsidenten und dessen umstrittenen Besuche des shintoistischen Yasukuni-Schreins sowie über die Darstellung japanischer Kriegsgräuel in China und Korea in japanischen Schulbüchern entbrannt. Schulbuchdarstellungen und Handreichungen für Lehrer an deutschen Schulen haben jüngst auch wieder die Aufmerksamkeit auf die Völkermorde an den Hereros und den Armeniern gelenkt, wobei es in letzterem Fall zu erheblichen diplomatischen Irritationen im deutsch-türkischen Verhältnis kam.

Dabei geht es in diesen Diskussionen kaum mehr um die Vergangenheit selbst, sondern vornehmlich um aktuelle Probleme: um finanzielle und symbolische Entschädigungsleistungen, um politische und wirtschaftliche Interessen und Machtbeziehungen oder um Generationen- und Migrationskonflikte. Dementsprechend soll in der Vortragsreihe, ausgehend von den historischen Zusammenhängen, vor allem auch die aktuelle Rezeption der Konflikte thematisiert werden.

Programm

Di., 8.11.2005, 14.15-15.45 Uhr, Raum: 4.512
Prof. Dr. Hisashi Yano, Keio-Universität Tokio
Die Zwangsarbeiterdiskussion in Japan

Di., 29.11.2005, 14.15-15.45 Uhr, Raum: 4.512
PD Dr. Beate Fieseler, Ruhr-Universität Bochum
Der „große vaterländische Krieg“, die Sowjetunion und Russland heute

Di., 6.12.2005, 10.15-11.45, Raum 4.512
Meik Zülsdorf-Kersting, Historisches Institut, Universität Dortmund
Die Täter im Gedächtnis – Jugendliche der vierten Generation und der Holocaust

Di., 13.12.2005, 14.15-15.45 Uhr, Raum: 4.512
Medardus Brehl, Institut für Diaspora- und Genozidforschung an der Ruhr-Universität Bochum
Geschichte im Kolonialstil.
Zur Wirksamkeit kolonialdiskursiver Muster in Deutungen des Kolonialkriegs der Jahre 1904-1907 und des Völkermords an den Herero

Do., 12.1.2006, 16.15-17.45 Uhr, Raum: 1.112
Prof. Dr. Mihran Dabag, Institut für Diaspora- und Genozidforschung an der Ruhr-Universität Bochum
Der Völkermord an den Armeniern –
Bestrittene Erfahrung und die Re-Konstruktion armenischer Identität

Di., 31.1.2006, 12.15-13.45, Raum: 4.512
Dr. Sabine Moller, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Menschenrechtsverbrechen und europäisches Generationengedächtnis

Kontakt

Christian Kleinschmidt

Universität Dortmund, Emil-Figge-Str. 50, 44221 Dortmund

0231 - 755 4146

ch.kleinschmidt@cityweb.de