Migration und Diaspora. 2. Fachtagung des Arbeitskreises außereuropäische Geschichte im VHHD

Migration und Diaspora. 2. Fachtagung des Arbeitskreises außereuropäische Geschichte im VHHD

Organizer
Arbeitskreis für außereuropäische Geschichte im VHHD
Venue
Location
Münster
Country
Germany
From - Until
27.09.2007 - 29.09.2007
Deadline
15.03.2006
By
Silke Hensel

Call for Papers: Migration und Diaspora
2. Fachtagung des Arbeitskreises zur außereuropäischen Geschichte im VHHD

Migration stellt ein wesentliches Element in der Geschichte der Vernetzung unterschiedlichster Gesellschaften und Weltregionen dar. Sie trug und trägt zum Prozess der Globalisierung entscheidend bei und ihre Untersuchung ist deshalb dazu angetan, einen allein auf die Nation als Analyseeinheit konzentrierten Blick zugunsten einer transnationalen Perspektive aufzulösen. Die Beschäftigung mit Wanderungsprozessen trägt dazu bei, ein primordialistisches Nationsverständnis auflösen. In der „Nation“ als vorgestellter Gemeinschaft finden beständige Aushandlungsprozesse über Inklusion und Exklusion statt. Darüber hinaus führt die Entstehung transnationaler Gemeinden zur Auflösung nationaler Grenzen als entscheidendem Parameter für die Zugehörigkeit von Individuen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass Migrationen durchaus nationalistische Diskurse entfachen können, wenn sie in der Herkunftsgesellschaft dazu genutzt werden, die eigene Größe zu postulieren, oder aber in Migrantengemeinden die nationale Herkunft zur Abgrenzung von der Aufnahmegesellschaft und zum dauerhaften Zusammenschluss auf dieser Zugehörigkeitsdefinition führen.

Die Vielfalt von Wanderungsbewegungen – ihre Ursachen, die Motive der Wanderer und deren Lebenswirklichkeit in den Zielgesellschaften ebenso wie der Umgang letzterer mit Einwanderern – hat in den letzten Jahren in der Geschichtswissenschaft zu Debatten angeregt. Dabei wird neuerdings immer häufiger eine Unterscheidung zwischen Migration und Diaspora vorgenommen. Das klassische Beispiel einer Diaspora ist die jüdische, von der begrifflich andere abgeleitet wurden. In den letzten Jahren wird der Diasporabegriff allerdings inflationär benutzt und teilweise sind die Unterschiede zu Migrationsbewegungen nur schwer zu erkennen. Deshalb bedarf es einer theoretischen Konturierung und Vertiefung des Konzepts. Darin liegt ein Ziel der geplanten Tagung. Welches der beiden Konzepte kann einen umfassenderen Geltungsanspruch stellen? Ist der Aspekt der weltweiten Zerstreuung einer Migrantengruppe ausreichend, um sie als Diaspora zu beschreiben? Lassen sich Unterschiede der Beziehungen von Migranten zum Nationalstaat einerseits und denen von Diasporagemeinden zum Staat andererseits ausmachen?

Für Diasporen scheint der Aspekt des Zurückwünschens in eine tatsächliche oder vorgestellte Herkunftsgesellschaft wichtig zu sein. Dies resultiert zumindest in den klassischen „Opferdiasporen“ auch aus der Unfreiheit der Wanderungsbewegung und der rassistischen Ausgrenzung der Angehörigen der Diaspora in der Residenzgesellschaft. Andere Migrationen stehen im Spannungsfeld von Freiheit und Unfreiheit. Oft liegt dem Entschluss zur Wanderung die Hoffnung eines damit verbundenen Freiheitsgewinns zu Grunde. Diese Erwartung stimmt allerdings weniger häufig mit der Wahrnehmung der Lage nach der Wanderung überein. Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten, der Ausschluss von sozialen Leistungen ebenso wie von politischen und kulturellen Rechten tragen zu einer Situation bei, in der Unfreiheit viele Lebensbereiche von Migranten bestimmt. Dieses Spannungsfeld entsteht gerade in demokratischen Aufnahmegesellschaften. Das generelle Gleichheitspostulat steht hier in unterschiedlichem Ausmaß der Einschränkung entweder des physischen Zugangs zum Gültigkeitsbereich der jeweiligen Ordnung oder aber dem Ausschluss aus der Gemeinschaft der Bürger gegenüber. Die Hoffnung auf größere Freiheit steht gerade bei Migrantinnen einer gegensätzlichen Erfahrung in der Aufnahmegesellschaft gegenüber.

Die soziale Interaktion zwischen Aufnahmegesellschaft und Einwanderern beeinflusst Selbst- und Fremdbilder sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene. Für beide gilt, dass sie keine homogenen Einheiten darstellen, im Zusammentreffen aber eine Vorstellung von Eigenem und Fremdem ausbilden, die zur sozialen Grenzziehung führt. Dabei stellt sich die Frage nach der Art dieser Grenzen, auf welchen Kriterien sie basieren und inwieweit sie Überschreitungen zulassen. Dies ist entscheidend für die Entwicklung von Inklusion und Exklusion der Migranten. Nationale Identifikationen werden in diesem Prozess auch geschlechtlich sowie ethnisch/“rassisch“ konnotiert. Hier gilt es zu fragen, inwieweit sich die Identifikationen in Aufnahmegesellschaft und Migrantengemeinde sowie die jeweiligen Konstruktionen kollektiver Identitäten gegenseitig beeinflussen und verändern.

Wanderungen nehmen Einfluss auf die räumliche Ordnung in den Residenzgesellschaften und hier wiederum besonders in urbanen Zentren. Umgekehrt gilt allerdings auch, dass die räumliche Ordnung die soziale Ordnung mitbestimmt. Die Marginalisierung von Migrantenbevölkerungen findet nicht nur ihren Ausdruck in den städtischen Armenvierteln, die eingeschränkten Wohnmöglichkeiten und die Bedingungen in den entsprechenden Quartieren von Einwanderern tragen wesentlich zur Marginalisierung bei. Gerade in den Mega-Cities des 19. und 20. Jahrhunderts lässt sich allerdings auch die Auflösung eindeutiger nationaler Zuordnungen nachweisen. Hier kommt es zu kulturellen Vermischungsprozessen und im Zuge dessen zur Ausbildung neuer kollektiver Identitäten. Das urbane Umfeld bietet darüber hinaus häufig den Einzelnen Möglichkeiten, sich der Zuordnung zu einer einzigen Gruppe zu entziehen.

Migration und ihre Folgen für Migranten und Residenzgesellschaft stehen heute immer wieder im Zentrum des öffentlichen Interesses. Dabei überwiegen häufig eine plakative, Vorurteile und Angst schürende Sprache, die Migration insgesamt als einen negativen Vorgang ablehnen und Migranten gleichsetzen mit Problemgruppen. Um einer solchen Sichtweise entgegenzuwirken, bedarf es nicht einer differenzierten Darstellung der Phänomene in Schule, Hochschule und der Öffentlichkeit. Deshalb sollen auf der Tagung entsprechende Ansätze aus der Didaktik behandelt werden.

Der Arbeitskreis zur außereuropäischen Geschichte (AAG) im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands plant zu dem hier umrissenen Themenkomplex vom 27.-29. September 2007 eine Tagung zu veranstalten. Tagungsort wird die Westfälische Wilhelms Universität Münster sein. Der AAG bittet um Vorschläge für Beiträge zu dieser Tagung. Wir können uns dabei folgende Themenbereiche schwerpunktmäßig aber keinesfalls ausschließlich vorstellen:

Theoretische Konzeptualisierungen von Migration und Diaspora
Selbst- und Fremdbilder
Diaspora/Migration im Spannungsfeld von Freiheit und Unfreiheit
Diaspora/Migration – Nationalstaat – Staat
Diaspora und Demokratie
Megastädte und Raumordnung
Migration/Diaspora und Gender
Didaktik

Bitte senden Sie Ihre Vorschläge bis zum 15.03.2006 an die Vorsitzende des AAG
Prof. Dr. Birgit Schäbler
Lehrstuhl für westasiatische Geschichte
Philosophische Fakultät
Universität Erfurt
Nordhäuser Str. 63
99089 Erfurt
e-mail: birgit.schaebler@uni-erfurt.de

Oder die Tagungsverantwortliche
Prof. Dr. Silke Hensel
Historisches Seminar
WWU Münster
Domplatz 20-22
48143 Münster
e-mail: shensel@uni-muenster.de

Anfang Mai 2006 werden Sie über die Entscheidung der Vorbereitungskomission informiert. Abhängig von der Finanzierung der Tagung erhalten Sie endgültigen Bescheid im Mai 2007.

Zeitplan:
15.03.06 Einsendeschluss Call for Papers
10.05.06 Mitteilung über Entscheidung des Vorbereitungskomitees über die eingereichten Vorschläge
Mai 07 Endgültige Mitteilung über die Finanzierung, Sektionen etc. der Tagung

27.-29.09.07 Tagung in Münster

Programm

Contact (announcement)

Prof. Dr. Silke Hensel
Historisches Seminar
WWU Münster
Domplatz 20-22
48143 Münster

www.aussereuropa.de
Editors Information
Published on
16.01.2006
Author(s)
Contributor
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Language(s) of event
German
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