Eine Französin algerischer Herkunft kehrt nach Frankreich zurück, nachdem sie einige Jahre in London verbracht hat. "France versus Islam" ist die persönliche Erzählung dieser Rückkehr, in der Ruby Bird die besonderen Probleme von Franzosen mit nordafrikanischem Migrationshintergrund schildert. Jedes Kapitel besteht zum einen aus der Darstellung ihrer persönlichen Erlebnisse und der kollektiven Erfahrung der nordafrikanischen Migrantenkinder (der so genannten "beurs") und zum anderen aus Geschichten fiktiver Personen in Form von Dialogen oder Biografien.
Das erste Kapitel handelt von Diskriminierungen, mit denen Franzosen maghrebinischer Herkunft in der Schule, während ihrer Ausbildung und in der Arbeitswelt konfrontiert werden: eine absehbare Schullaufbahn mit schwierigem Zugang zu den Bildungseinrichtungen der Eliten; das Abschicken dutzender Bewerbungen auf ein Praktikum und ungelesen abgelehnte Lebensläufe; Bewerbungsgespräche, in denen weniger die Qualifikation als die Herkunft eine Rolle spielt; ein hürdenreicher beruflicher Aufstieg. Für viele dieser Franzosen sind derartige Diskriminierungsformen Routine.
In zwei weiteren Kapiteln geht es um „den“ 11. September. Bird kritisiert die ethnozentrische Berichterstattung der westlichen Medien, die Verbreitung von Bildern über die muslimische Welt, die an der Realität vorbeigehen, sowie die Überinszenierung von Schmerz und Solidarität mit den Amerikanern nach dem 11. September. Terrorismus und andere Formen von Gewalt seien nichtwestlichen Ländern sehr wohl bekannt, und Muslime seien überdies unter den ersten, die durch islamischen Extremismus zu leiden hätten, so ihre Feststellung.
Bird prangert weiterhin die Ethnisierung sozialer Probleme an, mit denen die beurs - vor allem in den Vorstädten - zu kämpfen haben. Diese Probleme würden häufig nicht als gesellschaftlich generierte, sondern als „arabische“ bzw. „muslimische“ Probleme dargestellt. Zudem würden Migration und Kriminalitätsraten in öffentlichen Debatten seit den 1980er-Jahren regelmäßig in Verbindung gebracht, eine Rhetorik, die nicht nur dem rechtsextremen Front National vorbehalten sei. Die französische Republik müsse jedoch auch den beurs gegenüber ihre Versprechen halten: Soziale Probleme seien nicht mit Samuel Huntingtons Verständnis vom Kampf der Kulturen zu erklären oder mit Repression zu lösen, sondern auf sozialer Ebene anzugehen.
Im dritten Kapitel werden reale und fiktive muslimische Frauen porträtiert: die Ehefrau eines Migranten, die ihm nachfolgen wird und sich die Unsicherheit ihres Lebens in Frankreich ausmalt; Corinne-Latifah, eine Französin, die zu einem Islam konvertiert ist, den Bird als Sekte betrachtet; Janan, die bereit ist, für ihre Integration ihre Herkunft zu verleugnen; Khalida Messaoudi, eine wichtige Figur des algerischen Feminismus; Firyal, die vergeblich versucht, von der Familie ihres französischen Freundes aufgenommen zu werden. Bird präsentiert muslimische Frauen hier als Akteure und nicht als Opfer. Sie thematisiert ihre Probleme, aber auch ihre Hoffnungen und beschränkt sich nicht auf die Frage des Kopftuches, das lediglich am Rande angesprochen wird.
Das vierte Kapitel behandelt ein wichtiges Thema: die vermeintlich „normale“ Feindschaft zwischen Juden und Muslimen in Frankreich. Bird ist der Meinung, eine solche Feindschaft existiere nicht, und sie bestreitet die These, der Nahostkonflikt sei in die französischen Vorstädte exportiert worden. Sie kritisiert hier erneut die Ethnisierung bestimmter Probleme: Der Antisemitismus von Franzosen nordafrikanischer Herkunft sei oftmals weniger mit dieser Herkunft als mit sozialer Frustration zu erklären. Rassismus sei vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Problem, und der Antisemitismus mancher „Araber“ (die auch berberischer oder türkischer Herkunft sein können) sei in genau diesem Kontext zu analysieren.
Weitere Kapitel handeln von innenpolitischen Ereignissen, die eher für Kenner des französischen Tagesgeschehens nachvollziehbar und interessant sind - von der Diskussion um die islamkritischen Aussagen des Schriftstellers Michel Houellebecq, von unterschiedlichen Stellungnahmen des Intellektuellen Alain Finkielkraut und von den Präsidentschaftswahlen 2002, in denen der rechtsextreme Jean-Marie Le Pen in die zweite Wahlrunde einzog, ist hier die Rede.
Die Lektüre gestaltet sich gegen Ende des Buches zunehmend anstrengend, da die Darstellung nun immer stärker zur Verallgemeinerung tendiert. Während Bird zu Beginn des Buches eher von sich als Einzelperson spricht, setzt sich die Kollektivform des „wir“ im Text später durch. Darin liegt eine gewisse Inkonsequenz: Einerseits kritisiert sie die Stigmatisierung der beurs durch die französische Gesellschaft und Politik, pflegt aber andererseits an manchen Stellen die Grenzziehung zwischen dem „Wir“ und „den Anderen“ selbst und trägt damit zur Essentialisierung von Kategorien bei. Positiv anzumerken ist jedoch, dass Bird entgegen gängiger Klischees zeigt, wie Franzosen maghrebinischer Herkunft nicht „zwischen zwei Kulturen“ zerrissen sind, sondern vielmehr den Anspruch an die Republik erheben, das einzulösen, was diese ihnen versprochen hat: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Ruby Birds Stil ist etwas holprig, und der Text enthält leider zahlreiche Wiederholungen. Ihr Bericht will keine sterile intellektuelle Trockenübung zum Thema Identität sein, der Leser erhält vielmehr einen guten Einblick in das Leben von Franzosen maghrebinischer Herkunft. Das Buch kann somit Lesern empfohlen werden, die keine detailliertere Vorstellung vom Thema der Diskriminierung der beurs in Frankreich haben. Lesern, die sich mit der Situation der beurs bereits auskennen oder das Thema wissenschaftlich angehen wollen, wird das Buch jedoch wenige bzw. keine neuen Einsichten vermitteln.