Die vorliegende, 2001 in Zürich eingereichte, seither jedoch nicht überarbeitete Dissertation stellt den Versuch dar, die Wirtschafts- und Kulturbeziehungen zwischen Köln und Venedig im 15. und 16. Jahrhundert näher zu durchleuchten und auf eine wissenschaftlich breitere und fundiertere Basis zu stellen, als dies bisher der Fall war. Dies gelingt nur teilweise; zwar konnte die Verfasserin sehr viel neues Quellenmaterial heranziehen, doch fehlt ihr ein methodisch konsequenter Zugriff für eine konzise Analyse. Dies ist umso bedauerlicher, als das durchaus spannende und auch noch nicht hinreichend erforschte Thema durchaus eine methodisch wie inhaltlich ausgewogenere Bearbeitung verdient hätte.
Die Studie gliedert sich in neun Kapitel, die auf eine Einleitung folgen, die zwar den seit den 1960er Jahren kaum korrigierten Forschungsstand pointiert referiert, aber keinen besonderen methodischen Ansatz für die Auswertung der neu gefundenen Quellen erkennen läßt. Es folgt eine Einführung in die wirtschaftliche Beziehungen zwischen Köln und Venedig, in ihre Entwicklung im 15. und dann im 16. Jahrhundert, wobei letzteres wesentlich knapper – zu knapp? – als ersteres abgehandelt wird. Nach einem Abschnitt über Venezianer in Köln behandelt die Verfasserin die wechselseitigen kulturellen Einflüsse und konzentriert sich dabei – ohne weitere Begründung – auf das Goldschmiedehandwerk und die Buchdruckerei. Daraufhin beleuchtet die Autorin die „Wege der Waren und Reisenden“, worauf sie sich auf „Pilger und andere Reisende“ konzentriert. Nach einem deutlich zu dürftigen Kapitel zu „Waren“ kommt sie schließlich zu „Sprache und Kommunikation“. Die gut einseitige „Schlußbemerkung“ ist weder ein Resümee noch eine Zusammenfassung der herausgearbeiteten Ergebnisse, sondern allenfalls ein kurzer Abriß, der vielleicht als Klappentext besser Verwendung gefunden hätte. Großes Lob hingegen verdient die sich anschließende Edition von annähernd 100 Seiten Quellen, die, akribisch und sinnvoll zusammengestellt, den wohl größten Wert des Buches ausmachen, da sie weiterführende Interpretationen erlauben.
Die Dissertation bringt die Wirtschafts- und Kulturgeschichtsforschung des 15. und 16. Jahrhunderts nur wenig voran: Vielfach wird der Forschungsstand der vergangenen Jahrzehnte seitenlang referiert, nicht einmal kritisch hinterfragt. Wo neue Quellen gefunden werden konnten – und das sind viele –, werden diese meist nur hintereinander „erzählt“, nicht detailliert analysiert oder gar in größere Zusammenhänge gestellt. Überhaupt ist die Arbeit eher eine Aneinanderreihung von einzelnen Kurzuntersuchungen, unterbrochen von zahlreichen, nicht als solche bezeichneten Exkurse – was soll der Rekurs auf die Frankfurter Kaufleute (S. 85-89)? –, denn eine klar strukturierte, mit einem „roten Faden“ versehene Analyse. Zahlreiche Abschnitte sind ausschließlich prosopographisch-erzählend angelegt, ohne Rückschlüsse auf ein größeres Ganzes – etwa die deutsch-italienische Handelswelt im Zeitalter des Umbruchs der einsetzenden europäischen Expansion – zu erlauben. Am enttäuschendsten ist allerdings, daß einzelne Aspekte des venezianisch-kölner Austauschs überhaupt nicht näher berücksichtigt werden, so insbesondere der (bargeldlose) Zahlungsverkehr. Störend sind auch sachliche Fehler, wie etwa daß Bozen als Umladestation auf der Brennerroute fungiert haben soll (S. 209); die Umladung von „der Achse auf das Floß“ fand vielmehr in Branzoll statt. Auch waren die „Wissel-Geschäfte“ der Veckingchusen (S. 45 f.) meistenteils gar keine Wechselgeschäfte im klassischen Sinne, sondern vielmehr „Overkop-Transaktionen“, die nur als „Wechsel“/„Wissel“ bezeichnet wurden. Weitere Beispiele ließen sich anschließen.
Insgesamt verschenkt die durch reichhaltige Quellenfunde durchaus bemerkenswerte Arbeit die Chance auf eine pointierte und konzise Untersuchung der Wirtschafts- und Kulturbeziehungen zwischen Venedig und Köln im 15. und 16. Jahrhundert. Durch den umfangreichen Quellenanhang bietet sie aber späteren Studien die Möglichkeit, eine mehr als nur deskriptive Betrachtung zu liefern. Eines wird ihr bleibendes Verdienst sein: Die vorliegende Dissertation bereichert unser Wissen über die genannten Beziehungen zwischen Venedig und Köln in zwei entscheidenden Jahrhunderten durch die zahlreichen dokumentierten Details erheblich.