Seit den 1940er sowie dem Boom in den 1960er Jahren hat sich die Sklavereiforschung zu den produktivsten Feldern der nord- und lateinamerikanischen sowie in jüngster Zeit auch der afrikanischen Geschichtswissenschaft entwickelt. Im Fokus der oftmals vergleichend angelegten Arbeiten stand bis vor kurzem ausschließlich die Sklaverei bis zum Zeitpunkt der offiziellen Aufhebung der Institution. Allein die Abolition brachte den afrikanischen Sklaven jedoch noch nicht die Emanzipation und Integration in die jeweiligen nationalen Gesellschaften. Ihren Platz als Arbeitnehmer, Wähler und Bürger mussten sich die freigelassenen Sklaven erst mühsam erkämpfen. Diesen bis dahin völlig vernachlässigten Problemen nach der Abolition der Sklaverei in den amerikanischen Gesellschaften wendet sich die Forschung langsam und erst seit den 1990er Jahren zu. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Emanzipationsprozess und dem Übergang zur Freiheit hat eine Reihe neuer Forschungsperspektiven aufgeworfen: die globalen ökonomischen Veränderungen, die internationale Diskussion über die Bedeutung freier Arbeit, die Verbindungen zwischen nationaler Politik und globalen ideologischen Strömungen, die Rassenideologie bzw. die Entwicklung eines Systems der Rassenbeziehungen sowie die Möglichkeiten und Zwänge, die mit dem Aufeinandertreffen ehemaliger Sklaven und freier Landarbeiter verbunden waren.
Das monierte Forschungsdefizit ist Ursache dafür, dass es heutzutage mehr Schwierigkeiten bereitet, die unterschiedlichen Bedeutungen und Formen von „Freiheit“ einander gegenüberzustellen als die unterschiedlichen Bedeutungen und Formen von „Sklaverei“ zu vergleichen. Der Mangel an komparativen Arbeiten zum Postemanzipationsprozess zeigt sich auch darin, dass die Antworten auf Fragen für das Verständnis von Rassenbeziehungen in Postemanzipationsgesellschaften heutzutage noch immer bevorzugt in den unterschiedlichen Sklavereisystemen gesucht werden, als in der Untersuchung der Umbruchphase nach der Emanzipation.
In Deutschland finden sich bislang ausschließlich vereinzelte Vertreter der Postemanzipationsforschung. Die von Rebecca Scott, Thomas Holt. Frederick Cooper und Aims McGuiness herausgegebene Bibliographie ist entstanden, um Forschern den Einstieg in die neue Forschungsrichtung und das Auffinden von Literatur zu erleichtern. Es handelt sich um die derzeit vollständigste Zusammenstellung. Die umfangreichste der fünf Teilbibliographien des Bandes ist den Inseln Britisch-Westindiens gewidmet; daneben gibt es eine Abteilung zu den von Großbritannien kontrollierten Gebieten in Afrika sowie ein Kapitel zu Südafrika. Außerdem haben die Herausgeber die beiden wichtigsten Sklavereigesellschaften Amerikas – Kuba und Brasilien – ausgewählt, die in der Postemanzipationsforschung immer noch relativ schwach beleuchtet sind.
Bei der Zusammenstellung der Bibliographie haben die Herausgeber darauf geachtet, dass alle in der Bibliographie verzeichneten Primärquellen in US-amerikanischen Forschungsbibliotheken bzw. über den innerstaatlichen Fernleihverkehr zugänglich sind. Vollständigkeit wird von den Herausgebern nicht beansprucht und angesichts der Bandbreite des Themenkomplexes wäre es auch unmöglich, die Vielfalt der Archive und alle regionalen Studien zu erfassen. Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit einer Einleitung einer der Herausgeber versehen und untergliedert nach Rubriken: Bibliographien, historiographische Essays, Quellenverzeichnisse; gedruckte Primärquellen; britische Parlamentspapiere bzw. Akten der U.S.-Regierung; amtliche Bevölkerungszählungen und ähnliche Verzeichnisse; Sekundärliteratur. Die Gebrauch der Bibliographie ist nicht zuletzt auch deshalb zu empfehlen, da die Herausgeber und ihre Helfer zu nahezu allen der in der Bibliographie verzeichneten Textquellen einen knappen Abriss über Inhalt und zeitlichen Rahmen verfasst haben.
Für die Auswahl der Bibliographie wird die Dauer der Postemanzipationsphase nicht auf die der Abolition unmittelbar folgenden Jahre beschränkt, sondern endet nach Definition der Herausgeber im allgemeinen um das Jahr 1930. Der Beginn der Postemanzipation erstreckt sich über mehr als 100 Jahre und hängt vom Zeitpunkt der Abolition ab: die Spanne reicht von der Sklavenrevolution von Saint Domingue (1791) bis zur Emanzipation in dem von Großbritannien beherrschten Sierra Leone (1927). Die geographische Auswahl der in der Bibliographie behandelten Regionen spiegelt die Arbeitsgebiete und Interessen der Herausgeber wider und lässt daher selbstverständlich wichtige Lücken. Neben Haiti und der frankophonen Karibik fehlen beispielsweise auch Großkolumbien oder andere Nachfolgestaaten Spanischamerikas, auch wenn der Sklaverei in diesen Staaten im Sinne absoluter Zahlen von Menschen eine vergleichsweise geringere Bedeutung zukam. Die vorgelegte Bibliographie ist alles in allem eine wertvolle Hilfe für die vergleichende Erforschung der wirtschaftlichen und sozialen Transformation in der Zeit nach der Sklaverei und trägt dazu bei, Verbindungen zwischen Afrika, Amerika und Europa sowie Transfers über Regionen hinweg zu erfassen.