D. Happold: African Naturalist

Title
African Naturalist. The Life and Times of Rodney Carrington Wood, 1889-1962


Author(s)
Happold, David
Published
Extent
Price
€ 23,77
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Tanja Hammel, University of Basel

Benjamin Disraeli forderte seine Zeitgenossen einst auf: „Read no history: nothing but biography […].”1 Die vorliegende Biographie, die uns die Lebensgeschichte des sonst vergessenen Zoologen Rodney Carrington Wood (1889-1962) näherbringt und Schlaglichter auf die Geschichte Malawis und der Seychellen wirft, hätte Disraeli erfreut. Wood war sicherlich einer der signifikantesten Naturalisten, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Afrika forschten.2 „This is a different story to most written about Africa“ (S. xix), verspricht uns der Autor zu Beginn der Biographie. Zoologe David Happold rettet sein Vorgänger und Kollege Rodney Wood, eine Person, die seine Arbeit nachhaltig beeinflusst hat, für dessen Nachwelt. Dass Happold von Woods Leben und Werk fasziniert war und es außerordentlich versteht, wissenschaftliche Themen einem Laienpublikum zugänglich zu machen, sind die Stärken des vorliegenden Buches. Happold und seine Frau, beide Zoologen, arbeiteten jahrelang in Nigeria und Malawi. Ein Teil ihrer Forschung widmeten sie den speziellen Fledermäusen in Chiromo, welche Wood 1922 beschrieben hatte. Seit 1994 bis zur Erscheinung 2011 widmete sich Happold in seiner Freizeit einem „veritable treasure hunt“ (S. xviii) auf den Spuren Rodney Woods, der in dieser minuziös recherchierten Studie, die Woods Leben in seiner Zeit und seinen Lokalitäten kontextualisiert kulminierte.

In England geboren startete Wood ein konventionelles Leben. Ausgebildet an der Ardvreck und Harrow School wurde er bereits früh Mitglied der naturhistorischen “societies” und begann Vögel zu sammeln. In der Schilderung dieses Lebensabschnitts versteht Happold es mithilfe literarischer Stilmittel wie Prolepsen auf spätere Entwicklungen hinzuweisen und dadurch Spannung zu erzeugen. Die Zeitspanne vor Woods Ankunft in Chiromo zeichnet Happold so, dass er einen Fokus auf die lieux de mémoires früher Missionare und Reisejournalen aus dem 19. Jahrhundert legt. Der metrologische und geologische Jargon, der für eine Biographie unkonventionell anmutet, aber das Leben Woods nachzuzeichnen hilft, fällt bei der Lektüre auf. Dies hilft dem Leser die verschiedenen Lebensstationen Woods zu kontextualisieren. Er arbeitete auf einer Farm im südlichen Rhodesien, produzierte Baumwolle für die Briten im nördlichen Rhodesien und in Nyasaland. Er war unter der Pfadfindern in Kanada, England und Amerika, arbeitete als Teepflanzer und Tabakfarmer in Nyasaland, wo er 1929 ‘Game, Cultivation and Tsetse Fly Control Officer’ und Wildjäger wurde. Danach genoss er seine neu gewonnen Freizeit in Zimbabwe und wurde Lehrer für Naturhistorik in Südafrika. Als ornithologischer Assistent reiste er durch das östliche und südliche Afrika, als Konchyliologen und Beachcomber vertrieb er sich seine Zeit auf den Seychellen. In der Zeit von 1913 bis 1962 sammelte er Vögel, archäologische Fundstücke, Muscheln und seine Favoriten: Schmetterlinge und Motten. Seine Sammlungen sind in Museen, insbesondere in Bulawayo, London, Pietermaritzburg und Pittsburgh, zu betrachten.

Eine Stärke der Biographie ist sicherlich die Quellenvielfalt, mit der Happold arbeitet. Woods Lebensabschnitt auf den Seychellen (1921-62) bringt er uns durch Interviews mit Woods Freunden näher. Ein lebhaftes Bild der Charakteren wird gezeichnet und Schnappschüsse auf Woods Erlebnisse visualisieren diese, während das letzte Kapitel eine konzise Zusammenfassung des Lebens, der Sammlungen, der Reisen und seiner Kontributionen zur Zoologie Afrikas geben.
Der Titel “African Naturalist” irritiert, denn obwohl Wood 50 Jahre seines 73 Jahre langen Lebens in Afrika verbrachte, war er nicht Afrikaner. Man sollte ihn eher in einem ‘Dritten Raum’ betrachten.3 Während andere Rezensenten sich gewünscht haben, dass Happold professionellere geschichtswissenschaftliche Texte konsultiert hätte – z.B. Jane Carruthers Wildlife and Warfare: The Life of James Stevenson (2001) und umwelthistorische Untersuchungen – 4, vermisste ich den Einbezug wissens- und wissenschaftsgeschichtlicher Studien und der kürzlich erschienenen “science biographies” – von Historikern/-innen und Wissenschaftlern/-innen.5 Außerdem fehlte eine Beschreibung der Rolle von lokalen Informanten in Woods Arbeit (vgl. z.B. S. 82). Happold reflektiert seinen Blick als Zoologe auf das Leben und Werk eines Zoologen an keiner Stelle kritisch. Des Weiteren sind die ersten Kapitel mit kleineren Fehlern wie Tippfehlern, falschen Daten (z.B. S. 33-34) und Wortrepetitionen versehen. Wie Happold versprach, ist es durchaus eine “different story”, in dem Sinne, dass diese Biographie von einem Wissenschaftler über einen Wissenschaftler geschrieben wurde und sich in diesem Bereich deutlich von anderen Werken abhebt, indem der historische Kontext derart detailliert recherchiert wurde, dass die Studie für Historiker, Afrikanisten (v.a. Malawi und Seychellen), Zoologen und interessierte Laien sehr bereichernd ist. Die Lektüre erschien im Bereich der sozialen und kulturellen Wissenschaftsgeschichte sehr bereichernd. Happolds visuelle Beschreibungen verwandeln die Lektüre in einen wahren Genuss. Er schafft es keinen “Dschungel aus dem bezaubernden Garten der Geschichte” zu machen 6, indem er die einzelnen Aspekte in Woods Garten des Lebens detailliert beschreibt. Neben der erwähnten Quellenvielfalt überzeugen die Anmerkungen und die Bibliographie, die zu Folgestudien einladen. Die Biographie ist eine unverzichtbare Landkarte für künftige Studien in der biographischen Wissensgeschichte. Ich würde nicht so weit gehen Disraeli, aber Biographien wie diese können sicherlich informieren, Interessen wecken und Forschungsprozesse initiieren.

1 A. Partington (Hg.), The Oxford Dictionary of Quotations, Oxford 1992, S. 248.

2 3 Säugetiere, 3 Schmetterlinge, 3 Fische und 15 Insekten wurden nach Wood benannt (S. 269-272).

3 J. Rutherford, ‘The Third Space: Interview with Homi Bhabha’, in: Identity: Community, Culture, Difference London 1998, S. 207-11.

4 URL: http://www.readperiodicals.com/201101/2508841211.html> [3.10. 2012].

5 Z.B. J. Endersby, Imperial Nature: Joseph Hooker and the Practices of Victorian Science (2008); N. Rupke, Richard Owen: Biology without Darwin (2009); Alexander von Humboldt: A Metabiography (2008).

6 G. Dening, The Death of William Gooch: A History‘s Anthropology, Honolulu 1995, S. 1.

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25.01.2013
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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