Die Häufung von UN-Konferenzen seit Beginn der 1990-er Jahre, die sich spezifischer Themen annehmen, die einer globalen Regelung bedürfen, hat auf Seiten der an den Internationalen Beziehungen interessierten Politikwissenschaft zur Formulierung eines neuen, transnationalen Paradigmas geführt – der Global Governance. In der vorliegenden Arbeit von Andreas Rechkemmer, die auf einer politikwissenschaftlichen Dissertation basiert, die an der Freien Universität Berlin bei Ulrich Albrecht und Udo Simonis entstanden ist, wird der Blick auf die 1992 in Rio de Janeiro organisierte UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung und das dort im Prinzip beschlossene UN-Regime für den Kampf gegen die Ausbreitung von Desertifikation gelenkt. Vor dem Hintergrund der dann am 17. Juni 1994 unterzeichneten UN Convention to Combat Desertification (UNCCD) und ihrer detailliert an sieben Themen beschriebenen Umsetzung wird schließlich der Johannesburg-Gipfel der UN zur nachhaltigen Entwicklung von 2002 als vorläufiger Höhepunkt bei der Ausbildung einer neuen Ordnung gewählt, die der Autor unter das Schlagwort der Postmoderne stellt. Inhaltlich rückt damit neben eine genaue Rekonstruktion des Entstehungsprozesses der UNCCD (Kap. 3, S. 65-90) eine Darstellung beispielhafter Themenfelder (Kap. 4, S. 91-146) in das Zentrum der Arbeit. In diesem Teil werden sieben empirische Implementierungsfelder vorgestellt: Sektorüberschreitende Strategien, der bottom-up Ansatz, nationale Politikformulierung sowie Politikevaluierung sowie Partnerschaftsabkommen (etwa im Rahmen der Nord-Süd-Kooperation).
Rechkemmer versteht darunter jene Ordnung, die sich – im Unterschied zur modernen internationalen Ordnung der Nationalstaaten wie sie landläufig mit dem Westfälischen Frieden von 1648 assoziiert wird – jenseits klasssicher Organisationsprinzipien von territorial definierter Souveränität im 20. Jahrhundert herausgebildet habe. In dieser Lesart besteht die Postmoderne des internationalen Systems aus dem Miteinander von Regimebildungsprozessen, Souveränitätstransfer, der Hoheit des internationalen Rechts und der gewachsenen Bedeutung von Wissensgesellschaften. Ausgangspunkt dieser neuen Ordnung, so Rechkemmer, seien normative Angebote, in seinem Fall zum Beispiel der Bericht der Brundtlandt-Kommission über das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung. Die UN Convention to Combat Desertification gilt Rechkemmer gar als der am stärksten postmoderne Fall von Global Governance.
Als Urväter für diese Version der Postmoderne bemüht Rechkemmer Richard Falks Arbeit über die UN-Charta (1969) und William Coplin (1965), der ebenfalls die in den 1960-er Jahren gängigen juristischen Repräsentationen des internationalen Systems hinterfragt. In der Politikwissenschaft haben sich diese Überlegungen unter anderem bei Friedrich Kratochwil und dessen Reflektionen zum Souveränitätsbegriff als anschlussfähig erwiesen. Im Kern, so argumentiert Rechkemmer schließlich mit Alexander Wendt, könne das postmoderne Paradigma als ein kognitiver Rahmen verstanden werden, der das nationalstaatliche Model der Autorität überschreitet. Anknüpfend an dieses Verständnis hat im deutschsprachigen Raum Michael Zürn gegen den methodologischen Nationalismus argumentiert, und haben Dirk Mesner und Franz Nuscheler das Konzept der Global Governance ausgeführt. Sie bilden denn auch die zentralen Referenzpunkte in Rechkemmers theoriegeleiteten Ausführungen.
Jenseits der reichen empirischen Rekonstruktionen zum eigentlichen Untersuchungsgegenstand, der UN Convention to Combat Desertification, wird ein Theorieangebot bemüht, das am Ende der Arbeit leider nicht mehr zusammengeführt oder gar weiterentwickelt wird. In seiner Zusammenfassung konstatiert Rechkemmer lediglich, dass der Johannesburg-Gipfel zeige, dass sich – in dieser Frage – ein postmodernes Regime nicht vollends habe durchsetzen können. Vielmehr zeige seine Fallstudie, dass die Gegenwart durch vielfältige Fragmentierungen alter und neuer Ordnungen gekennzeichnet sei. Dieser Befund ist nicht eigentlich überraschend. Er hätte in der Präsentation sicherlich gewonnen, wenn die Ergebnisse dieser Studie systematischer in den reichhaltigen Kontext der internationalen Debatten um neue Raumordnungen eingebettet worden wären – gerade auch jener Debatten, die außerhalb der traditionellen Politikwissenschaft geführt werden.